I. Beschwerde gegen die Ablehnung der Erteilung eines bestimmten Erbscheins

 

Rz. 122

Überblick

 

Rz. 123

Gegen die Weigerung des Nachlassgerichts, einen bestimmten vom Antragsteller begehrten Erbschein zu erteilen, ist nach § 58 FamFG die befristete Beschwerde zulässig. Auch wenn ein Rechtspfleger entschieden hat, verweist § 11 Abs. 1 RPflG auf den Beschwerdeweg nach § 58 FamFG. Die Notfrist beträgt dabei einen Monat, § 63 FamFG.

 

Rz. 124

Beschwerdeberechtigt ist jedermann, der durch die Ablehnung des Erbscheinantrags in seinen Rechten beeinträchtigt ist, § 59 FamFG. In der Folge haben der Miterbe, wenn der Erbschein ihn nicht als Erben ausweist, und der Nachlassgläubiger, der einen vollstreckbaren Titel besitzt, ein Beschwerderecht.[134]

 

Rz. 125

Zuständig für die Beschwerde ist das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, § 64 Abs. 1 FamFG. Das Beschwerdegericht hat die gesamte Sach- und Rechtslage zu überprüfen und seine Entscheidung sachlich und rechtlich zu begründen, § 68 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 26 FamFG. Die Anschlussbeschwerde in § 66 FamFG regelt die Möglichkeit, dass sich ein Beteiligter der Beschwerde eines anderen Beteiligten anschließen kann.

 

Rz. 126

Die Beschwerde entfaltet keine aufschiebende Wirkung, da § 64 FamFG voraussetzt, dass sich die Beschwerde gegen eine Verfügung richtet, durch die ein Ordnungs- oder Zwangsmittel festgesetzt wird. Das Beschwerdegericht hat jedoch keine Befugnis, ein Verfügungsverbot für die Erbscheinserben zu erlassen, weshalb die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die Zulässigkeit der Beschwerde wird nicht durch die Erteilung eines Erbscheins an einen anderen Erben im Rechtsmittelverfahren berührt.[135]

 

Rz. 127

Das Verbot der reformatio in peius gilt auch im Beschwerderecht. Das Beschwerdegericht ist in seiner Entscheidung an den Antrag des Beschwerdeführers gebunden. Es darf in seiner Entscheidung den Verfahrensgegenstand nicht erweitern.[136]

 

Rz. 128

Hat das Beschwerdegericht eine Entscheidung getroffen, wonach ein bestimmter Erbschein zu erteilen ist, so entfaltet diese absolute Bindungswirkung für das zuständige Nachlassgericht. Dieses kann also bei der Erteilung des Erbscheins nicht mehr von der Entscheidung des Beschwerdegerichts abweichen.[137] Umgekehrt besteht jedoch keinerlei Bindungswirkung für das Beschwerdegericht an das Ergebnis des Erbscheinsverfahrens.[138]

 

Rz. 129

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nach § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde möglich, wenn sie ausdrücklich zugelassen wurde, § 70 Abs. 1 FamFG. Diese ist nach § 71 Abs. 1 FamFG beim Rechtsbeschwerdegericht innerhalb eines Monats einzureichen. Rechtsmittelgericht ist der BGH nach § 133 GVG i.V.m. § 71 Abs. 1 FamFG. Die Rechtsbeschwerde, die in §§ 7075 FamFG geregelt ist, entspricht der in §§ 574 ff. ZPO geregelten Rechtsbeschwerde.

 

Rz. 130

Die Kostenentscheidung für eine Beschwerde beruht auf Anlage 1 Nr. 12220 KV zu GNotKG. Es wird eine 1 Gebühr, jedoch maximal 800 EUR veranschlagt.

 

Rz. 131

Der Beschwerdeberechtigte ist nach § 12 FamFG berechtigt, mit einem Beistand am Verfahren teilzunehmen oder sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Die Fähigkeit, Beistand oder Stellvertreter zu sein, richtet sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches; die Person des Beistands oder Bevollmächtigten muss also geschäftsfähig sein. Obgleich das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht stattfindet, besteht kein Anwaltszwang, da § 12 FamFG für dieses Verfahren maßgeblich ist und § 78 ZPO nicht zur Anwendung gelangt.

 

Rz. 132

Muster 15.19: Beschwerdeverwerfung

 

Muster 15.19: Beschwerdeverwerfung

Beschluss

I. Die Beschwerde wird verworfen.

II. Gründe

1. _________________________ [sachliche]
2. _________________________ [rechtliche]
3. Kostenentscheidung nach Anlage 1 Nr. 12220 KV zu GNotKG.
[134] Damrau/Tanck/Uricher, PK Erbrecht, § 2353 Rn 32; Sternal/Jokisch, FamFG, § 59 Rn 2, 6.
[135] BayObLG ZErb 2001, 105 ff.
[136] Sprau, ZAP 1997, 1089 ff.; NK-BGB/Kroiß, § 2353 Rn 154.
[137] Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 39 III.
[138] OLG München ZEV 1995, 459 m. Anm. Damrau; BayObLG FamRZ 1993, 334 ff.

II. Beschwerde gegen einen erteilten Erbschein

 

Rz. 133

Die Beschwerde gegen einen erteilten Erbschein ist unzulässig, da die Wirkungen des Erbscheins rückwirkend nicht mehr beseitigt werden können; und zwar aufgrund des öffentlichen Glaubens, mit dem dieser nach § 2366 BGB ausgestattet ist. Mit der h.M. ist eine Beschwerde gegen einen erteilten Erbschein deshalb als Antrag auf Einziehung des Erbscheins umzudeuten.[139] Im Übrigen gelten die weiteren Voraussetzungen für die Beschwerde auch für diese Art von Beschwerde.

 

Rz. 134

Muster 15.20: Stattgebende Beschwerde hinsichtlich der Einziehung eines Erbscheins

 

Muster 15.20: Stattgebende Beschwerde hinsichtlich der Einziehung eines Erbscheins

Beschluss

I. Der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – _________________________ vom _________________________ über die Erteilung des Erbscheins nach dem Tode des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Herrn _________________________, zuletzt wohnhaft in _________________________, Aktenzeichen...

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