Rz. 53

Das Nachlassgericht hat die Echtheit der Urkunde zu ermitteln und deren Auslegung vorzunehmen. Insbesondere, wenn ein Testament nicht mehr in Urschrift vorhanden ist, stellt sich die Frage, welche Ermittlungen das Nachlassgericht anstellen muss.[79] Der Beweis des Vorhandenseins eines Testaments und dessen Inhalt können mit allen zulässigen Beweismitteln geführt werden. Derjenige, der sich auf ein verschwundenes Testament beruft, hat dabei die Beweislast für das Vorhandensein und den gesamten Inhalt.[80] Das Nichtmehrvorhandensein eines Testaments muss nicht bedeuten, dass dieses vom Erblasser selbst vernichtet wurde, sondern es kann eben gerade sein, dass das Testament aus sonstigen Gründen untergegangen ist. Dieses zu beweisen, obliegt dem Antragsteller.[81]

 

Rz. 54

Die Auslegung einer Verfügung von Todes wegen bedarf häufig auch erheblicher Ermittlungen durch das Nachlassgericht, denn in der Praxis sind die vom Erblasser getroffenen Verfügungen sehr unpräzise und dadurch auslegungsbedürftig. Ebenso häufig ist auch die Frage der Echtheit einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen Gegenstand der Ermittlungen des Nachlassgerichts. Dieses kann deshalb gleichfalls ein Gutachten über die Echtheit eines Testaments durch einen Schriftgutachter in Auftrag geben.[82] Das Nachlassgericht hat dabei im Rahmen seiner Beweiswürdigung für den Fall, dass mehrere differierende Schriftgutachten vorliegen, festzustellen, auf welches Schriftgutachten es seine Entscheidung stützt.[83] Das Nachlassgericht hat auch im Fall des Vorliegens von mehreren datumsgleichen Testamenten eine Feststellung zu treffen. Lässt sich bei datumsgleichen Testamenten nicht klären, welches von beiden später erfolgt ist, heben sie sich gegenseitig auf.[84]

[79] BayObLG FamRZ 1992, 1323.
[80] Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 39 II 6.
[81] OLG Zweibrücken ZErb 2001, 153; BayObLG ZErb 2003, 154 ff.
[82] Horn/Kroiß/Seitz, Das Schriftgutachten im Erbscheinsverfahren, ZEV 2013, 24.
[83] BayObLG, NJOZ 2004, 3820.

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