Rz. 7

Ehevertrag im Sinne der gesetzlichen Definition gemäß § 1408 Abs. 1 BGB ist ein Vertrag, in dem (zukünftige) Eheleute ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Im weiteren Sinne lassen sich unter diesen Begriff alle Vereinbarungen fassen, die das durch die Ehe entstehende Rechtsverhältnis der Eheleute untereinander gestalten. Der Abschluss eines solchen "vorsorgenden Ehevertrags" kommt zu jedem Zeitpunkt während der Ehe in Betracht, zum Beispiel aus Anlass des Erwerbs des Unternehmens. Der Ehevertrag kann auch vor Eheschließung im Hinblick auf die bevorstehende Eheschließung geschlossen werden. Schließlich werden Eheverträge in der Krise der Ehe geschlossen, um langwierige Auseinandersetzungen zu vermeiden (Scheidungsfolgenvereinbarungen). Die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Verträge sind die gleichen.

 

Rz. 8

Für Eheleute besteht die Möglichkeit einer Rechtswahl durch Vertrag. Folgende Rechtswahlmöglichkeiten sind zu beachten:

Gemäß Art. 15 Abs. 2 EGBGB können Eheleute verschiedener Nationalität für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe wählen zwischen dem Recht des Staates, dem einer von Ihnen angehört, oder dem Recht des Staates, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für unbewegliches Vermögen kann auch das Güterrecht des Belegenheitsortes gewählt werden, was aber nur für diesen Gegenstand gilt und dann zu einer Spaltung des Güterrechts führt.
Gemäß Art. 22 der Verordnungen (EG) 2016/1103 sowie 1104 des Rates vom 24.6.2016 (Rom IVa und IVb zum ehelichen Güterrecht bzw. zum Güterrecht eingetragener Lebenspartnerschaften und äquivalenter Institute), die für ab dem 29.1.2019 geschlossene Ehen gelten, können die Eheleute bzw. Partner unabhängig von ihrer Nationalität das Güterrecht des Staates wählen, in dem sie beide oder einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten/Partner zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Auch für Altehen kann ab dem 29.1.2019 eine solche Rechtswahl getroffen werden.
Gemäß Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 (EU-Unterhaltssachen-ZusArbVO) in Verbindung mit Art. 8 des Haager Protokolls vom 23.11.2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht können Eheleute (nicht zwingend verschiedener Nationalität) das für den Unterhalt maßgebliche Recht auswählen zwischen dem Recht des Staates, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einer der Vertragsparteien seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dem einer der Vertragsparteien bei Vertragsschluss angehört, dem Recht, dass die Beteiligten als Scheidungsstatut vereinbart haben oder dem gesetzlichen oder vertraglichen Güterrechtsstatut. Die Frage der Rechtswirksamkeit eines Unterhaltsverzichts richtet sich stets nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verzichtenden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 (EU-Unterhaltssachen-ZusArbVO) erlaubt eine Gerichtsstandswahlvereinbarung für Unterhaltsstreitigkeiten: Gewählt werden können die Gerichte des Mitgliedsstaates, an dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder der Einleitung des Verfahrens einer der Beteiligten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder dem einer von ihnen zu diesen Zeitpunkten angehört, ferner die Gerichte des Staates, in dem die Ehegatten mindestens ein Jahr ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
Gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 (Rom III-VO) können Eheleute das für die Ehescheidung maßgebliche Recht auswählen zwischen dem Recht des Staates, in dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beide Vertragsparteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, beide Vertragsparteien ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten und eine der Vertragsparteien ihn dort noch hat, dem Recht des Staates, dem einer der Vertragsparteien bei Vertragsschluss angehört, oder dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.[2]
 

Rz. 9

Diese Wahlmöglichkeiten können unter Umständen gezielt eingesetzt werden, um ein für die angestrebten Rechtsfolgen oder als rechtliche Basis der beabsichtigten vertraglichen Regelungen günstiges Recht zur Geltung zu bringen. Dazu müssen selbstverständlich die rechtlichen Rahmenbedingungen des gewählten Rechts für die vertraglichen Gestaltungen geprüft und angewendet werden.

 

Rz. 10

Insbesondere für Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Staaten oder für Ehen, bei denen damit zu rechnen ist, dass die Eheleute sich zukünftig zumindest zeitweise im Ausland aufhalten werden, sollte die Wahl einer Rechtsordnung getroffen werden, um soweit als möglich zu vermeiden, dass durch eine Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes beider Vertragspartner oder auch nur eines der Ehegatten ein Statutenwechsel oder eine Änderung gerichtlicher Zuständigkeiten ausgelöst wird.

 

Rz. 11

Nicht alle Rechtsordnungen sehen allerdings ehevertragliche Regelungen als bindend an, so dass deren Gerichte – sofern sie zuständi...

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