Rz. 6

Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, diesem zum Schadensersatz verpflichtet.

I. Geschützte Rechtsgüter

 

Rz. 7

Neben den erwähnten Rechtsgütern sind als sonstige Rechte i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB, die eine ausschließliche Rechtsnatur mit dem Rang der ausdrücklich genannten Rechtsgüter haben, anerkannt

dingliche Rechte – etwa vertragliche und gesetzliche Pfandrechte sowie das Pfändungspfandrecht –[16] und Anwartschaftsrechte;[17]
der unmittelbare Besitz (§§ 854, 865, 866 BGB);[18]

das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) als Rahmenrecht[19]

einschließlich der persönlichen Ehre,[20] des Rechts am eigenen Bild[21] und des Namensrechts,[22] des Rechts am gesprochenen Wort,[23] des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung,[24] des Rechts auf Achtung der Privatsphäre[25] sowie des postmortalen Persönlichkeitsrechts;[26]

das elterliche Sorgerecht (§ 1626 BGB);[27]
das Namensrecht (§ 12 BGB);[28]
das Urheberrecht;[29]
der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (offener Tatbestand);[30]
das Mitgliedschaftsrecht.[31]

Keine sonstigen Rechte i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB sind Forderungen und das Vermögen.

[16] BGHZ 65, 211, 212 = NJW 1976, 189; BGH, NJW 1991, 695, 696.
[17] BGH, VersR 1957, 297; BGHZ 55, 20, 25 f. = NJW 1971, 799; BGHZ 114, 161, 164 = NJW 1991, 2019.
[18] BGHZ 62, 243, 248 = NJW 1974, 1189; BGH, VersR 1981, 161, 162; BGH, 4.11.1997 – VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89, 98; BGH, 11.1.2005 – VI ZR 34/04, VersR 2005, 515, 517; OLG Hamburg, MDR 1974, 668.
[20] BVerfG, NJW 1991, 1475, 1476; BVerfG, NJW 1999, 1322, 1323; BVerfG, NJW 2004, 590 f.; BVerfG, NJW 2006, 207, 208 (Aufhebung von BGHZ 139, 95); BGHZ 24, 72, 76 = NJW 1957, 1146; BGHZ 30, 7, 10 ff. = NJW 1959, 1269; BGH, NJW 1963, 904; BGHZ 66, 182 = NJW 1976, 1178; BGH, WM 1994, 641, 643 (allgemeines Persönlichkeitsrecht einer juristischen Person); BGHZ 143, 214, 217 f. = WM 2000, 1449.
[21] BGHZ 174, 262, Tz. 10 = NJW 2008, 1593.
[22] BGHZ 143, 214, 217 f. = WM 2000, 1449.
[23] BVerfG, WM 2002, 2290, 2292; BVerfG, NJW 2003, 1727, 1728.
[25] Vgl. zu demselben Fall: BGHZ 131, 132 = NJW 1996, 1128; BVerfGE 101, 361 = NJW 2000, 1021; EGMR, NJW 2004, 2647; dazu Heldrich, NJW 2004, 2634; Mann, NJW 2004, 3220.
[26] BGHZ 143, 214, 217 f. = WM 2000, 1449; BGHZ 169, 193, Tz. 12 = NJW 2007, 684.
[27] BGHZ 111, 168, 172 = NJW 1990, 2060.
[28] Vgl. BGHZ 8, 318, 319, 321 = NJW 1953, 577; BGHZ 30, 7, 9 = NJW 1959, 1269; BGHZ 169, 193, Tz. 8 = NJW 2007, 684; OLG Karlsruhe, NJW 1972, 1810, 1811; vgl. BVerfG, JZ 1998, 1114.
[29] Vgl. BVerfG, JZ 1971, 773, 774.
[30] BGHZ 29, 65, 67 = NJW 1959, 479; BGHZ 62, 29, 32 = NJW 1974, 315 (unberechtigte Schutzrechtsverwarnung); BGHZ 74, 9, 18 = NJW 1979, 1351; BGH, WM 1998, 2534, 2536; BGHZ 166, 84, Tz. 97, 119 = NJW 2006, 830; BGH, 1.12.2015 – X ZR 170/12, BGHZ 208, 119 = NJW 2016, 2110, Tz. 15 (unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II); OLG Frankfurt, NJW-RR 2013, 507, 508 (unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).
[31] BGHZ 110, 323, 327 = BGH, NJW 1990, 2877, 2878; OLG München, ZIP 1990, 1552.

II. Widerrechtliche Verletzung

 

Rz. 8

Ein unerlaubtes Tun oder pflichtwidriges Unterlassen, das ein Rechtsgut i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB verletzt, "indiziert" im Regelfall das Unwerturteil der Rechtswidrigkeit.[32] Der tatbestandsmäßige Erfolg der Verletzungshandlung deutet dann auf deren Rechtswidrigkeit hin. Diese liegt nicht vor, wenn der Schädiger einen Rechtfertigungsgrund (§§ 227 ff. BGB,[33] §§ 859, 904 BGB, § 127 StPO,[34] § 193 StGB)[35] darlegt und beweist.[36]

 

Rz. 9

Bei sog. "offenen Verletzungstatbeständen", zu denen der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts gehören, ist die Rechtsgutsverletzung kein Indiz für deren Rechtswidrigkeit; diese haftet dem schadensursächlichen Verhalten nur dann an, wenn die erforderliche Güter- und Interessenabwägung im konkreten Einzelfall ergibt, dass die Rechtsposition des Geschädigten dem vom Schädiger geltend gemachten Recht – etwa der Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) – vorgeht.[37] So ist der Eingriff in den Schutzbereich des Gewerbebetriebs nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.[38]

 

Rz. 10

Die Indizwirkung einer unerlaubten Verletzungshandlung ist eingeschränkt in den für Rechtsanwälte wichtigen Bereichen der Vollstreckungsmaßnahmen und der Einleitung von Verfahren, etwa bei Zwangsvollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände[39] oder bei einem unbegründeten Antrag au...

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