Rz. 46

 

Beispiel 11: Verfahrensgebühr, wechselseitige Berufungen

Eingeklagt sind 20.000,00 EUR. Das LG verurteilt den Beklagten zur Zahlung von 15.000,00 EUR und weist die Klage im Übrigen ab. Beide Parteien legen gegen das Urteil Berufung ein und begründen sie. Nach Hinweis des Gerichts werden beide Berufungen zurückgewiesen.

Es entsteht insgesamt nur eine 1,6-Verfahrensgebühr, und zwar aus dem Gesamtwert der eingeklagten 20.000,00 EUR (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 GKG).[24] Dass aus rechtlichen Gründen nur einer der beiden Berufungen stattgegeben werden kann, ist unerheblich.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.315,20 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.335,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   253,69 EUR
Gesamt   1.588,89 EUR
 

Rz. 47

Auch die unselbstständige Anschlussberufung löst die volle Verfahrensgebühr aus, sodass insoweit die volle 1,6-Terminsgebühr nach Nr. 3200 VV aus dem Gesamtwert (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 GKG) beider Berufungen anfällt.

 

Beispiel 12: Berufung und unselbstständige Anschlussberufung

Erstinstanzlich eingeklagt waren 10.000,00 EUR. Das Gericht hat den Beklagten zur Zahlung von 5.000,00 EUR verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Beklagte legt gegen seine Verurteilung Berufung ein. Der Kläger erhebt später unselbstständige Anschlussberufung. Der Beklagte nimmt nach Hinweis des Gerichts seine Berufung zurück, sodass damit die Anschlussberufung ihre Wirkung verliert.

Die Verfahrensgebühr entsteht aus dem Gesamtwert beider Berufungen (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 GKG), also aus 10.000,00 EUR.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   982,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.002,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   190,46 EUR
Gesamt   1.192,86 EUR
 

Rz. 48

Wird nur eine der beiden wechselseitigen Berufungen begründet, kann es für den jeweiligen Anwalt des Berufungsverfahrens zu unterschiedlichen Gebührensätzen kommen. Es gilt dann § 15 Abs. 3 RVG.

 

Beispiel 13: Verfahrensgebühr, wechselseitige Berufungen, Rücknahme einer Berufung

Eingeklagt sind 20.000,00 EUR. Das LG verurteilt den Beklagten zur Zahlung von 15.000,00 EUR und weist die Klage im Übrigen ab. Beide Parteien legen gegen das Urteil Berufung ein und bestellen sich für die Berufung des jeweils anderen. Der Anwalt des Beklagten begründet dessen Berufung, worauf der Anwalt des Klägers die Zurückweisung beantragt. Die eigene Berufung des Klägers wird jedoch ohne Antrag wieder zurückgenommen. Die Berufung des Beklagten wird nach Hinweis des Gerichts später ebenfalls zurückgenommen.

Es entsteht zwar auch hier für beide Anwälte aus dem Gesamtwert von 20.000,00 EUR eine Verfahrensgebühr. Für den Anwalt des Beklagten entsteht die volle 1,6-Verfahrensgebühr jedoch nur aus dem Wert seiner Berufung; hinsichtlich der Berufung des Klägers entsteht nur eine 1,1-Verfahrensgebühr. Zu beachten ist § 15 Abs. 3 RVG. Für den Anwalt des Klägers entsteht dagegen die volle 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert.

 
I. Abrechnung Anwalt Kläger
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.315,20 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.335,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   253,69 EUR
Gesamt   1.588,89 EUR
II. Abrechnung Anwalt Beklagter
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.148,80 EUR  
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 367,40 EUR  
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.315,20 EUR
  1,6 aus 20.000,00 EUR    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.335,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   253,69 EUR
Gesamt   1.588,89 EUR
[24] LG Berlin JurBüro 1988, 462 = MDR 1988, 329 m. Anm. Herget; AnwK-RVG/N. Schneider, § 15 Rn 113.

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