Rz. 54

Im Falle der Tötung ist – wie auch im Fall der Verletzung – vor einer Klage des Unterhaltsgeschädigten gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer bzw. vor einer Ersatzleistung an den Unterhaltsgeschädigten stets zu prüfen, ob und inwieweit der Unterhaltsgeschädigte Anspruchsinhaber ist. In zahlreichen Fällen nehmen Drittleistende (Arbeitgeber, Dienstherr, Sozialversicherungsträger, private Versicherer) dem Geschädigten die Schadensfolgen ab. In diesem Fall gehen die Ersatzansprüche im Wege der Legalzession nach § 116 SGB X auf Sozialversicherungsträger, nach § 76 BBG bzw. nach den sonstigen Vorschriften des Bundes und der Länder auf den Dienstherrn oder nach § 86 VVG auf private Versicherer über. Sachliche Kongruenz zum Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB besteht insbesondere zu Witwen- und Waisenrenten, die ein Sozialversicherer oder der Dienstherr erbringt.[119] § 116 SGB X gilt nicht, soweit ein Rentenversicherer Leistungen nicht als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift, sondern in seiner Eigenschaft als Träger der Zusatzversorgung erbringt; ein Verlust der Aktivlegitimation kommt allerdings in Betracht, sofern der Geschädigte zur Abtretung seiner Ansprüche an den Versicherer verpflichtet ist.[120] Wird ein Beamter durch ein Schadensereignis getötet und erhält die Witwe kongruente beamtenrechtliche Versorgungsbezüge, so hat der Schädiger der Witwe die auf den entsprechenden Teil des Witwengeldes entfallende Einkommens- und Kirchensteuer als weiteren Schadensposten zu ersetzen; vom Rechtsübergang auf den Versorgungsträger wird dagegen der auf Ersatz des Unterhaltsschadens gerichtete Anspruch als solcher in Höhe des entsprechenden (an die Witwe ausgezahlten sowie an das Finanzamt abgeführten) Teils des Witwengeldes erfasst.[121]

 

Rz. 55

Zwischen der Hinterbliebenenversorgung durch Sozialversicherer (Witwen-, Witwer- und Waisenrenten) oder durch den Dienstherrn und dem Anspruch auf Unterhaltsersatz (Bar- und Naturalunterhalt) aus § 844 Abs. 2 BGB bzw. § 10 StVG besteht sachliche Kongruenz.[122] Erfasst werden alle relevanten Schadensposten. Deshalb geht beispielsweise in dem Fall, dass der im Haushalt mithelfende Ehemann, der zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet war, bei einem Unfall getötet wurde, neben dem Anspruch der Hinterbliebenen auf Ersatz des Barunterhaltsschadens auch deren Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens auf den Träger der Hinterbliebenenversorgung über.[123]

 

Rz. 56

Der Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB geht bereits mit der Verletzung des Unterhaltspflichtigen auf den Sozialhilfeträger über, wenn schon zu dieser Zeit mit dessen Leistungspflicht gegenüber dem Unterhaltsberechtigten ernsthaft zu rechnen ist.[124]

[119] Vgl. BGHZ 136, 78; BGH, Urt. v. 1.12.1981 – VI ZR 203/79, VersR 1982, 291; Urt. v. 19.5.1987 – VI ZR 167/86, VersR 1987, 1092; Urt. v. 1.12.2009 – VI ZR 221/08, VersR 2010, 642 Rn 30.
[122] BGH, Urt. v. 19.5.1987 – VI ZR 167/86, VersR 1987, 1092; Urt. v. 2.12.1997 – VI ZR 142/96, VersR 1998, 333; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 12. Aufl. 2016, Rn 441 ff., 602 m.w.N.
[123] BGH, Urt. v. 2.12.1997 – VI ZR 142/96, VersR 1998, 333; Urt. v. 1.12.1981 – VI ZR 203/79, VersR 1982, 291; OLG Frankfurt, Urt. v. 21.8.1992 – 24 U 72/91, NZV 1993, 474.
[124] BGHZ 132, 39.

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