Rz. 1

 

§ 844 BGB: Ersatzansprüche Dritter bei Tötung

(1) Im Falle der Tötung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.

(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.

 

§ 845 BGB: Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste

Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung.

I. Ausnahmecharakter der §§ 844, 845 BGB

 

Rz. 2

Im deutschen Recht werden mittelbare Vermögensschäden in der Regel nicht ersetzt.[1] Bei materiellen Personenschäden – insbesondere beim Erwerbsschaden – ist deshalb nur der Schaden des unmittelbar Geschädigten zu ersetzen.[2] Geht dessen Anspruch durch Abtretung oder durch gesetzlichen Forderungsübergang auf einen Dritten über, bleibt der Anspruch inhaltlich unverändert, wie er in der Hand des unmittelbar Geschädigten entstanden ist.

 

Rz. 3

Mittelbar Geschädigte (Drittgeschädigte) sind diejenigen, die keine eigene Verletzung eines der in § 823 Abs. 1 BGB und in den Sondergesetzen geschützten absoluten Rechtsgüter erlitten haben, also bei dem Unfall nicht selbst verletzt wurden und bei denen lediglich infolge des Unfalls eines Dritten ein Vermögensschaden eingetreten ist. § 844 BGB sieht (ebenso wie § 845 BGB) im Fall der unfallbedingten Tötung eines Unterhaltspflichtigen ausdrücklich eine Ausnahme von diesem Prinzip vor.

 

Rz. 4

Wird z.B. der Partner eines international erfolgreichen Eislaufpaars bei einem Verkehrsunfall verletzt und entstehen dadurch für beide erhebliche Einnahmeausfälle, besteht ein Ersatzanspruch gegen den Unfallgegner nur bei dem, der selbst verletzt wurde.[3] Der nicht verletzte Partner ist nur mittelbar geschädigt und deshalb nicht ersatzberechtigt. Es liegt auch kein Eingriff in den ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Denn der Eingriff war nicht betriebsbezogen. Baut jemand in Eigenregie ein Haus und hilft ihm sein Vater, ein Rentner, gefälligkeitshalber, bestehen keine Ersatzansprüche, wenn der Vater unfallbedingt arbeitsunfähig wird und der Sohn deswegen erhöhte Lohnaufwendungen hat.[4] Der Sohn erlitt zwar unfallbedingt einen Schaden, war aber nur mittelbar geschädigt; der Vater hätte zwar unfallbedingt einen Ersatzanspruch gegen den Schädiger haben können, erlitt aber keinen eigenen Erwerbsschaden. Wenn der ­Geschäftsführer einer GmbH auf einer Baustelle der Gesellschaft verletzt wird und deshalb längere Zeit arbeitsunfähig ist, kann die GmbH den Schädiger wegen ihres Verdienstausfalls und wegen der Gehaltsfortzahlung an den Geschäftsführer nicht mit Erfolg auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Bei dem entgangenen Gewinn und bei der Gehaltsfortzahlung ohne Gegenleistung handelte es sich um nicht erstattungsfähige Drittschäden der GmbH. Hinsichtlich der Gehaltsfortzahlung hätte sich die GmbH allenfalls die Ansprüche ihres Geschäftsführers abtreten lassen können und dann aus abgetretenem Recht den Erwerbsschaden ihres Geschäftsführers geltend machen können.[5] Macht ein Unternehmer gegen einen Unfallgegner eines Verkehrsunfalls im Wege des Schadensersatzes die Kosten für einen Ersatzfahrer geltend mit der Behauptung, dass der Fahrer seines Fahrzeugs durch den Aufprall verletzt worden und infolge dieser Verletzung für eine gewisse Zeit ausgefallen sei, ist die Klage schlichtweg unschlüssig.[6] Als mittelbar Geschädigter hatte der Unternehmer keinen Anspruch. Er hätte allenfalls einen Regressanspruch wegen der Lohnfortzahlung für den verletzten Fahrer (§ 6 EFZG) geltend machen können.

 

Rz. 5

Die Konsequenzen der deutschen Regelung hinsichtlich fehlender Ersatzfähigkeit von Drittschäden können bitter sein. Wenn ein Landwirtsehe...

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