Rz. 63

Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung nach § 2120 BGB erfüllt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.[86] Insbesondere ist das auf Substanzerhaltung und -erlangung gerichtete Interesse des Nacherben (Erbschaftsinteresse) ausreichend zu berücksichtigen.[87] Ausgehend hiervon bestimmt sich eine ordnungsgemäße Verwaltung in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, der Vorerbe muss den wirtschaftlichen Wert des Nachlasses so gut wie möglich erhalten bzw. vermehren.[88] Nur im Ausnahmefall kann im Verzicht auf das Eigentum eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung liegen, wenn die Sache bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise keinen Vermögenswert mehr darstellt.[89]

 

Rz. 64

So kann sich bei einer Kreditaufnahme durch den Vorerben zu Lasten des Nachlasses die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditmittel oder einer Auszehrung der Substanz des Nachlasses ergeben.[90] In diesem Fall müssen Vorkehrungen getroffen werden, um die Interessen des Nacherben zu schützen. In Betracht kommt etwa die Einschaltung eines erfahrenen und zuverlässigen Treuhänders, ohne dessen Zustimmung Verfügungen über die Kreditmittel nicht möglich sind.[91]

Verlangt der Vorerbe im Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme vom Nacherben die Zustimmung zur Belastung eines Nachlassgrundstücks, so muss er gegebenenfalls geeignete – die skizzierten oder andere im Einzelfall angemessene – Maßnahmen zur Absicherung des Nacherben anbieten. Überdies entspricht die Aufnahme eines Kredits nur dann den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die anfallenden Zinsen und eine angemessene Tilgung aus den Erträgen der durch die finanzierte Maßnahme erhaltenen oder erhöhten Nutzungen des Nachlassgegenstandes bestritten werden können.[92]

[86] OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 905, 906.
[87] BGH NJW 1993, 1582, 1583; Ricken, AcP 202 (2002), 465, 492.
[88] MüKo/Lieder, § 2120 Rn 9.
[89] BGH NJW 1999, 2037, 2038.
[90] BGH NJW 1990, 1237, 1238; Schmitz, WM 1998, Sonderbeilage 3, 8.
[91] BGH NJW 1993, 1582, 1583; kritisch hierzu: MüKo/Lieder, § 2120 Rn 15.
[92] BGH NJW 1993, 3198; Damrau/Tanck/Bothe, § 2120 Rn 8.

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