Rz. 35

Dass eine erbrechtliche Verzichtserklärung, sei es nun in der Form des Erbverzichts oder des Pflichtteilsverzichts, der notariellen Beurkundung bedarf, soll hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.[44]

Ist ein Erbverzicht formunwirksam, weil er zwar gemäß § 2348 BGB notariell beurkundet, aber entgegen § 2347 Abs. 2 S. 1 BGB nicht gegenüber dem persönlich anwesenden Erblasser erklärt worden ist, hat der Erblasser aus dem dem Verzicht zugrunde liegenden Kausalgeschäft einen Anspruch auf Abgabe einer formwirksamen Verzichtserklärung.[45] Mit dieser Entscheidung hat das OLG Düsseldorf – die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BGH verworfen[46] – eine Abgrenzung zu den Fällen vorgenommen, in denen über die Anwendung des § 139 BGB eine komplette Unwirksamkeit wegen des Vorliegens einer vertraglichen Einheit anzunehmen wäre. Das zugrunde liegende Kausalgeschäft wurde im vorliegenden Sachverhalt für wirksam erachtet, auch und weil in dem notariellen Vertrag die Regelung enthalten war, wonach die Unwirksamkeit einer Bestimmung nicht die Unwirksamkeit der anderen Bestimmungen des Vertrages zur Folge haben sollte. Daraus wurde geschlossen, dass kein Wille zur Verbindung zu einer vertraglichen Einheit vorgelegen hat. Ohnehin sei allerdings nur ausnahmsweise eine Rechtseinheit zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft anzunehmen. Das führte in dem entschiedenen Sachverhalt zu dem Ergebnis, dass die Klage, die auf Abgabe der notwendigen Erklärung in notarieller Form gerichtet war, erfolgreich war. Dadurch, dass der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde verworfen hat, ergibt sich wohl, dass der BGH diese Problematik ähnlich beurteilt.

 

Rz. 36

Andererseits ist zu beachten, dass nach obergerichtlicher Rechtsprechung in entsprechender Anwendung des § 2348 BGB nicht nur die Verzichtserklärungen selbst zu beurkunden ist, sondern auch der dem Verzicht zugrunde liegende Verpflichtungsvertrag. Zwar gibt es zu dieser Problematik noch kein höchstrichterliches Urteil des BGH, diese Auffassung entspricht aber der herrschenden Meinung.[47] Begründet wird damit, dass ansonsten aus einem nicht beurkundeten Verpflichtungsvertrag auf Abgabe der Verzichtserklärung geklagt und damit die Formvorschrift umgangen werden könnte. Der Schutzzweck der notariellen Beurkundung kann auch nicht dadurch ersetzt werden, dass etwa beide Parteien durch die Rechtsanwälte vertreten waren. Auch kann der Pflichtteilsberechtigte nicht auf den aus § 2348 BGB folgenden Schutz der Formbedürftigkeit verzichten.

 

Rz. 37

Andererseits hat der BGH[48] entschieden, dass § 2348 BGB nur die Formbedürftigkeit des Erbverzichts als abstraktes erbrechtliches Verfügungsgeschäft regele, eine entsprechende Anwendung auf dinglichen Vollzugsgeschäfte, die mit einem Erbverzicht im Zusammenhang stehen, demgegenüber nicht in Betracht komme.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Bedingung der Abtretung von Kommanditanteilen, die ja formfrei möglich ist. So meint der BGH, dass selbst dann, wenn ein dem abstrakten Erbverzicht zugrundeliegendes Verpflichtungsgeschäft einschließlich des Übernahmevertrages der Formvorschrift des § 2348 BGB unterliege, daraus nicht gefolgert werden könne, dass auch die Wirksamkeit der dinglichen Abtretung notariell zu beurkunden sei, wenn sich dies nicht aus dem Rechtsgeschäft selbst ergebe.

Diese Entscheidung des BGH spielt eine erhebliche Rolle bei Unternehmensnachfolgen und damit verbundenen Verzichtserklärungen. Es dürfte trotz der BGH-Entscheidung mit erheblichen Risiken verbunden sein, in diesen Fällen nur den Erbverzicht notariell zu beurkunden, da die Frage, ob ein unwirksames, nicht beurkundetes Verpflichtungsgeschäft analog § 311b Abs. 1 S. 2 BGB, § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG geheilt werden kann, höchstrichterlich nicht entschieden ist. Ohne eine solche Heilung wäre aber ein Erbverzicht kondizierbar.[49]

 

Praxistipp

Alle im Zusammenhang mit einem Erb- oder Pflichtteilsverzicht stehenden Verpflichtungsgeschäfte sollten ebenfalls mit beurkundet werden; entsprechende Vollzugsgeschäfte bedürfen demgegenüber einer Beurkundung nicht, es sei denn, diese Form ist vorgeschrieben.

[44] Dazu und zu Fragen der Heilung eines formnichtigen Rechtsgeschäftes Gockel, Verzichtserklärungen im Erbrecht, § 1 Rn 53 ff.
[45] OLG Düsseldorf ZEV 2014, 265.
[46] BGH – IV ZR 39/13, juris.
[49] Keim, ZEV 2012, 148.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge