Rz. 40

 

Praxisfall

Die Erblasserin verstarb Mitte 2002[87] Alleinerbin kraft Testierung aus 1996 ist die Tochter. Angeordnet ist Testamentsvollstreckung durch den Steuerberater für die Dauer von 20 Jahren. Das Testament enthält folgende Vergütungsregelung: "Für jedes Jahr erhält er Testamentsvollstrecker 1,5 % vom Bruttonachlass". Der Nachlass setzt sich wie folgt zusammen:

 
Immobilie 1 400.000,00 EUR 8,59 %  
Immobilie 2 500.000,00 EUR 10,74 %  
    19,33 %  
Wertpapiere, Anteile 1.280.793,77 EUR 27,51 %  
Guthaben 2.475.141,82 EUR   53,16 %
      80,67 %
 

Rz. 41

Im Jahr 2007 schlossen die Parteien vor dem Landgericht einen Prozessvergleich, in dem sich die Tochter verpflichtete, die Höhe des Testamentsvollstreckerhonorars von 1,5 % aus 5.152.217,25 EUR (anfänglicher Bruttonachlasswert) für jedes Jahr seiner Tätigkeit auch für die Zukunft anzuerkennen und die Dauer der Testamentsvollstreckung nicht mehr anzufechten.

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung ordnete die Erbin die Testamentsvollstreckervergütung anteilig zu 19,33 % den VuV-Einkünften und zu 80,67 % den Einkünften aus Kapitalvermögen zu. Das Finanzamt folgte dieser Aufteilung bis einschließlich 2008. Ab 2009 lässt es die Vergütungsanteile, die auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallen, wegen der Neuregelung des § 20 Abs. 9 S. 1 EStG unberücksichtigt.

Die Tochter macht geltend, dass die Aufteilung der Testamentsvollstreckervergütung nicht nach den Wertverhältnissen am Todestag, sondern nach dem beim Testamentsvollstrecker angefallenen Zeitaufwand zu erfolgen habe. In Ihrem Fall seien 90 % der aufgewendeten Zeit auf Vermietung und Verpachtung und nur 10 % auf das Kapitalvermögen entfallen, da der wesentliche Zeitaufwand bei den Immobilien liege. Das hiergegen betriebene Einspruchsverfahren der Erben blieb wie die daraufhin beim FG Freiburg[88] erhobene Klage erfolglos. Erst die Nichtzulassungsbeschwerde war erfolgreich.

 

Rz. 42

Nach Ansicht des BFH[89] führen Aufwendungen für eine auf Auseinandersetzung angelegte Testamentsvollstreckung grundsätzlich nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Stehen hingegen Maßnahmen der Verwaltungstestamentsvollstreckung mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang, sind sie je nach Einkunftsart entweder Werbungskosten oder Betriebsausgaben.

Vorliegend bestand die Aufgabe des Testamentsvollstreckers in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 Abs. 1 BGB). Ihm oblagen somit ähnliche Aufgaben wie einem Hausverwalter, sodass die dafür anfallenden Kosten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen. Entsprechendes gilt bei der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Die insoweit anfallenden Werbungskosten dürfen allerdings seit 2009 aufgrund Gesetzesänderung nicht mehr abgezogen werden.

 

Rz. 43

Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Maßgeblich ist damit der Veranlassungszusammenhang. Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Letztlich sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls entscheidend.

 

Rz. 44

Nach Auffassung des BFH war vorliegend die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung durch die Höhe des Verwaltungsvermögens veranlasst, denn danach richtet sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. In diesen Fällen ist eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte ausgeschlossen. Es kommt vielmehr auf die Zusammensetzung des Nachlasses an.

Das Finanzgericht ging davon aus, dass für die Aufteilung der einheitlichen Vergütung auf die einzelnen Einkunftsarten die historische Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich sei.

Der BFH ist hingegen der Auffassung, dass die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, denn der Veranlassungszusammenhang könne nicht statisch verstanden werden. Ob auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des jeweiligen Veranlassungszeitraumes abzustellen sei oder bei Änderungen auf eine gewichtete Zusammensetzung, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab, die das Finanzamt aufzuklären habe. Der Rechtsstreit wurde deshalb zurückverwiesen.

[87] Praxisbeispiel nach Rott/Rott, NWB-EV 2018, 370.

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