Rz. 74

Bezieht der Unterhaltspflichtige eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (Erwerbsunfähigkeitsrente), so ergibt sich daraus lediglich, dass er nicht drei Stunden oder mehr arbeitstäglich erwerbstätig sein kann und dass er einer Vermittlung durch die Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung steht.[101] Eine vollständige Unfähigkeit für sämtliche Tätigkeiten, etwa im Geringverdienerbereich, ergibt sich daraus indessen noch nicht.

 

Rz. 75

 

Praxistipp:

Damit bleibt auch bei Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus unterhaltsrechtlicher Sicht noch eine – geringe – Erwerbstätigkeit unterhalb dieser Schwelle – also von bis zu 3 Stunden arbeitstäglich – möglich. Hierzu muss konkret vorgetragen werden, dass auch ein beruflicher Einsatz in diesem geringeren Umfang nicht möglich ist!
Fehlt dieser Sachvortrag, kann dem anspruchstellenden Ehegatten in diesem Umfang wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheiten ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, dessen Höhe gem. § 287 ZPO geschätzt werden kann.
Der BGH hat akzeptiert, dass der Antragsgegnerin ein beispielsweise durch Bürotätigkeiten erzielbares Einkommen von zwischen 400 EUR und 450 EUR pro Monat zugerechnet worden ist.[102]

Auch hier müssen die Tatbestandsvoraussetzungen zum Einsatzzeitpunkt gegeben sein.

OLG Koblenz, Beschl. v. 19.2.2016 – 13 WF 22/16[103]

Zitat

1. Begehrt ein Antragsteller erst über zehn Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung nachehelichen Unterhalt, so muss er substanziiert darlegen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit oder auf Aufstockungsunterhalt bereits im Zeitpunkt der Scheidung sowie auch in der Folgezeit grundsätzlich ohne zeitliche Lücke vorgelegen haben

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