A. Kostenübernahme durch Haftpflichtversicherer

 

Rz. 1

Das VVG erlaubt dem Haftpflichtversicherer sich an den Kosten (einschließlich der notwendigen Auslagen) der Verteidigung seines Versicherungsnehmers zu beteiligen. Zu einer Kostenübernahme sind Versicherer vor allem bei schweren Unfällen und dann bereit, wenn die ordnungsgemäße Verteidigung eines nicht rechtsschutzversicherten Angeklagten von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abhängt.

B. Kostentragungspflicht des Arbeitgebers

 

Rz. 2

Der Arbeitgeber muss seinem Arbeitnehmer, gegen den wegen eines in Ausübung seiner betrieblichen Tätigkeit unverschuldet verursachten schweren Verkehrsunfalls ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, die zur Verteidigung notwendigen Kosten ersetzen.

 

Rz. 3

Der Arbeitnehmer ist nicht zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung verpflichtet. Deshalb kann seinem Freistellungsanspruch der Einwand, er hätte eine Rechtsschutzversicherung abschließen können, nicht entgegengesetzt werden (BAG NJW 1995, 2372).

C. Notwendige Auslagen sowie Verfahrenskosten

I. Einstellung durch die Bußgeldbehörde

1. Einstellung vor Erlass eines Bußgeldbescheides

 

Rz. 4

Stellt die Bußgeldbehörde das Verfahren ein, gelten gem. § 105 Abs. 1 OWiG die Kostenvorschriften der StPO entsprechend. Wird das Verfahren vor Erlass eines Bußgeldbescheides eingestellt, ergeht - wie bei der Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - grundsätzlich keine Auslagenentscheidung (LG Dortmund DAR 1978, 195).

2. Einstellung nach Erlass eines Bußgeldbescheides

 

Rz. 5

Nimmt die Bußgeldbehörde den Bußgeldbescheid zurück und stellt sie das Verfahren endgültig ein, hat die Staatskasse die Kosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen (§§ 464 Abs. 1, 467a Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 105 OWiG; AG Oranienburg zfs 2001, 179).

 

Rz. 6

Gegen eine negative Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG zulässig, gegen dessen Entscheidung ist dann allerdings kein weiteres Rechtsmittel möglich (LG Arnsberg DAR 2006, 611).

3. Verjährung

a) Vor Erlass des Bußgeldbescheides

 

Rz. 7

War die Verjährung bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides eingetreten, müssen im Falle der Rücknahme oder der gerichtlichen Einstellung die notwendigen Auslagen des Betroffenen von der Staatskasse getragen werden (OLG Saarbrücken zfs 1996, 195; OLG Düsseldorf NZV 2002, 521; LG Landshut zfs 2004, 139; AG Ahrensburg zfs 2004, 336; Thüringer OLG VRS 108, 272).

b) Nach Erlass des Bußgeldbescheides

 

Rz. 8

Notwendige Auslagen sind im Falle der gerichtlichen Verfahrenseinstellung immer dann nicht zu erstatten, wenn die Täterschaft des Betroffenen feststeht und es nur wegen des nach Erlass des Bußgeldbescheides eingetretenen Verfahrenshindernisses nicht zur Verurteilung kommt.

 

Rz. 9

Wäre der Betroffene bei Nichteintritt der Verjährung mit hoher Wahrscheinlichkeit verurteilt worden bzw. besteht der hinreichende Verdacht noch fort, ist weder Art. 6 Abs. 2 MRK (EGMR NJW 1988, 3257) noch Verfassungsrecht (BVerfG NJW 1992, 1611) verletzt, wenn die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse nicht auferlegt werden. Das gilt auch im Strafverfahren (BGH NJW 2000, 1427; LG Landshut zfs 2004, 139).

 

Rz. 10

 

Tipp

Nach Auffassung des LG Mönchengladbach (NZV 1996, 291) oder des AG Gladbeck (zfs 1995, 469) setzt in diesen Fällen ein Absehen von der Überbürdung der notwendigen Auslagen auf die Staatskasse jedoch zwingend voraus, dass ohne Verjährung die Verurteilung mit Sicherheit festgestanden hätte, was wiederum voraussetzt, dass die Schuld in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren (siehe hierzu BVerfG NJW 1992, 1611; NStZ 1992, 238) bewiesen ist.

 

Rz. 11

Außerdem hat die Staatskasse Kosten und notwendige Auslagen dann zu tragen, wenn die Verjährung aufgrund eines Umstandes eingetreten ist, der außerhalb der Sphäre des Betroffenen liegt, z.B. die Akte abhandengekommen ist (AG Bielefeld NZV 2006, 168).

II. Gerichtliches Verfahren

1. Nichteröffnung des Verfahrens

 

Rz. 12

Die Entscheidung über die Nichteröffnung des Verfahrens ist eine die Untersuchung einstellende Entscheidung i.S.d. § 464 Abs. 1 StPO und muss deshalb eine Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen enthalten (OLG München StraFo 1997, 191).

2. Freispruch

 

Rz. 13

Wird der Angeklagte freigesprochen, hat die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Freigesprochenen zu tragen. Davon darf selbst dann nicht abgesehen werden, wenn der Freispruch mangels Nachweises der Fahrereigenschaft erfolgt und der Angeklagte sich weigerte, den wahren Fahrer preiszugeben (LG Münster zfs 2001, 566). Nach zutreffender Auffassung muss die Staatskasse selbst dann die notwendigen Auslagen des Freigesprochenen tragen, wenn dies nicht ausdrücklich im Urteilstenor erwähnt ist (OLG Düsseldorf zfs 1995, 32; LG Stendal zfs 1995, 149).

 

Rz. 14

Allerdings wird vereinzelt auch die Auffassung vertreten, dass in solchen Fällen mangels einer entsprechenden Kostengrundentscheidung die notwendigen Auslagen nicht festgesetzt werden könnten.[1]

 

Rz. 15

 

Achtung: Sofortige Beschwerde

Hier hilft meist eine (wegen der insoweit regelmäßig unterbliebenen Belehrung noch nicht verfristete) mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundene sofortige Beschwerde (OLG Köln StraFo 1997, 285), wohingegen das OLG Karlsruhe (AGS 1997, 87) in solchen Fällen ein Verschulden annimmt und die Wiedereinsetzung deshalb nicht gewährt.

 

Rz. 16

 

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