Rz. 593

In Bezug auf den Umfang der Pfändung kommt es zunächst auf die Angaben im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an. Hier stellt sich die Frage nach den Anforderungen an die Bezeichnung der zu pfändenden Forderung. Diese ist so bestimmt zu bezeichnen, dass sie von anderen unterschieden werden kann und die Feststellung ihrer Identität gesichert ist.[994] Es muss unzweifelhaft feststehen, welche konkrete Forderung Gegenstand des Pfändungszugriffs sein soll. Die Forderung kann auf verschiedenste Art und Weise bezeichnet werden; nicht erforderlich ist, dass die Forderung rechtlich richtig und in all ihren Einzelheiten gekennzeichnet wird.[995] Allgemein gehaltene Bezeichnungen der zu pfändenden Forderung können nicht genügen, wenn sie nicht hinreichend klar ersehen lassen, welche konkrete Forderung gemeint ist.[996] Nicht ausreichend ist auch, dass die an der Zwangsvollstreckung Beteiligten wissen, welche Forderung gemeint ist. Umstände außerhalb des eigentlichen Beschlusses dürfen daher nicht zur Auslegung herangezogen werden.[997] Vielmehr muss auch für andere Personen ausreichend erkennbar sein, welche bestimmte Forderung gemeint ist; dies gilt insbesondere für weitere Gläubiger.[998] Es reicht daher nicht aus, wenn der Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sich aus Urkunden ergibt, die nicht Bestandteil des Beschlusses sind.[999] Nimmt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss allerdings auf bestimmte Urkunden Bezug und sind diese dem Beschlussformular angeheftet, ist eine Bezugnahme grundsätzlich unbedenklich.[1000]

 

Rz. 594

In der Lebensversicherung ist es ausreichend, wenn als gepfändete Forderung die "Rechte und Ansprüche aus Lebensversicherungen" bezeichnet sind; die Angabe der Versicherungsnummern ist nicht erforderlich.[1001] Sollen ausdrücklich nur eine oder einzelne von mehreren Versicherungsverträgen gepfändet werden, bedarf es jedoch der eindeutigen Kennzeichnung. Hier empfiehlt sich die Angabe der betreffenden Versicherungsnummer oder – falls nicht bekannt – des Datums der Antragstellung, der Versicherungssumme und/oder der versicherten Person, um die gemeinte Lebensversicherung so genau wie möglich zu bezeichnen. Sollen sämtliche der beim Drittschuldner mit dem Schuldner bestehenden Lebensversicherungen gepfändet werden, sollte dies ausdrücklich aufgeführt sein. Sind in einem solchen Fall einzelne Versicherungsnummern bekannt, bedarf es neben der Angabe der Versicherungsnummern eines Zusatzes, der etwa "und sonstige" lauten kann. Die Angabe dem Gläubiger bekannter Versicherungsnummern empfiehlt sich immer, da sie unter Umständen hilft, die Pfändung einem bestimmten Schuldner bzw. Drittschuldner zuzuordnen. Sollen auch eventuelle unwiderrufliche Bezugsrechte des Schuldners aus mit anderen Versicherungsnehmern bestehenden Lebensversicherungen gepfändet werden, muss dies aus der Bezeichnung der zu pfändenden Forderungen ebenfalls hervorgehen.

 

Rz. 595

Die Pfändung der Rechte und Ansprüche aus Lebensversicherungen umfasst nach überwiegender Auffassung neben dem Recht des Versicherungsnehmers auf die Versicherungsleistung und den Rückkaufswert ohne weiteres auch die Gestaltungsrechte, insbesondere das Kündigungsrecht und das Recht auf Widerruf von widerruflichen Bezugsrechten,[1002] sowie den Anspruch auf die Überschussbeteiligung. Die Aufzählung aller einzelnen Ansprüche und Gestaltungsrechte wird dennoch aus Gründen der Klarheit empfohlen.[1003]

 

Rz. 596

 

Beachte

Mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird nach herrschender Meinung nicht zugleich der Widerruf eventuell bestehender Bezugsrechte bewirkt.[1004] Es empfiehlt sich daher dringend, in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eine ausdrückliche Erklärung aufzunehmen, mit der diese widerrufen werden. Der Widerruf sollte spätestens nach Erhalt der Drittschuldnererklärung vorgenommen werden.

In der Kündigung der Versicherung und dem Verlangen der Auszahlung des Rückkaufswertes durch den Pfändungsgläubiger liegt – nach jedenfalls für den Fall der Kündigung durch den Pfändungsgläubiger hier vertretener Ansicht – der konkludente Widerruf eventuell bestehender widerruflicher Bezugsrechte.[1005]

Umstritten ist, ob der Gläubiger bereits nach der Pfändung ein widerrufliches Bezugsrecht widerrufen kann, da der Widerruf nicht der Pfandverwertung, sondern der Sicherung des Pfandrechts diene,[1006] oder erst mit der Überweisung.[1007] Nach hier vertretener Auffassung ist eine Überweisung erforderlich, da der Widerruf eines Bezugsrechts bei Eintritt des Versicherungsfalls zu einem Anspruch des Pfändungsgläubigers und damit doch zur Pfandverwertung führt.

 

Rz. 597

Eine Pfändung und Überweisung der Rechte und Ansprüche aus einer Lebensversicherung gegen den Versicherungsnehmer geht ins Leere, wenn und soweit diese zum Zeitpunkt der Zustellung wirksam abgetreten waren. Ein entsprechender Pfändungs- und Überweisungsbeschluss umfasst nicht den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückabtretung der Rechte und Ansprüche aus dem Lebens...

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