Rz. 220

Die Vereinbarkeit einer Ausschlussklausel für gefahrrelevante Umstände in der Kreditlebensversicherung mit §§ 19, 32 VVG ist umstritten.[293]

 

Rz. 221

So wird die Ansicht vertreten, dass derartige Risikoausschlussklauseln in der Kreditlebensversicherung zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 19 VVG abweichen und daher nach § 32 VVG unwirksam sind.[294] Denn die Ausschlussklausel schließe nicht ein Risiko insgesamt aus, sondern knüpfe den Ausschluss eines Risikos an das Vorliegen eines Umstandes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, der – sähe man von dem Ausschluss ab – gefahrrelevant sei. Damit bezöge sich die Ausschlussklausel auf eben den Umstand, der auch Ausgangspunkt der §§ 19 ff. VVG sei. Die Unwirksamkeit gelte zunächst für Klauseln, die an Umstände anknüpften, die dem Versicherungsnehmer bzw. der versicherten Person bekannt seien. Diese Klauseln würden gegen § 32 VVG verstoßen, da sie zum einen verschuldensunabhängig Rechtsnachteile vorsähen und deshalb von den §§ 19 ff. VVG abwichen. Zum anderen ergebe sich eine Unterscheidung in der Rechtsfolge gegenüber der gesetzlichen Regelung, die den Versicherungsnehmer benachteilige. Die Klauseln sähen nicht ein – zeitlich befristetes – Rücktrittsrecht vor, sondern ermöglichten es dem Versicherer einerseits, an dem Vertrag festzuhalten, sähen andererseits aber dessen Leistungsfreiheit vor.

 

Rz. 222

Dem ist nicht zu folgen. Es ist nicht ersichtlich, warum sich ein Versicherer nicht dafür entscheiden können soll, Versicherungsschutz nur für Todesfälle aufgrund bestimmter Risiken zu übernehmen und Todesfälle aufgrund anderer Ursachen vom Versicherungsschutz auszuschließen. Die Anzeigepflicht nach § 19 VVG dient ausschließlich dazu, dem Versicherer eine Grundlage für die Abschätzung des von ihm zu übernehmenden Risikos zu bieten. Schließt der Versicherer den Versicherungsschutz für ein bestimmtes Risiko von vornherein aus, besteht folglich keine Kollision mit § 19 VVG.[295] Daher ist die Wirksamkeit von Risikoausschlussklauseln der genannten Art nicht grundsätzlich nach § 32 VVG oder nach § 307 Abs. 2 BGB wegen Abweichung vom gesetzlichen Typus ausgeschlossen.[296]

[293] Siehe dazu: Marlow, r+s 2015, 87 f.; Marlow/Spuhl, r+s 2009, 177 ff.
[294] In diesem Sinne: Honsell/Voit, § 16 VVG a.F. Rn 109 ff.
[295] OLG Köln v.4.10.1990 – 5 U 21/90, VersR 1990, 1381 mit zust. Anm. Büsken, VersR 1991, 534.
[296] Krämer, VersR 2004, 713 ff. m.w.N.

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