Rz. 38

Die Beendigungserklärungen greifen nur dann durch, wenn sie auf der Basis zuvor wirksam gefasster Beschlüsse des zuständigen Organs der Gesellschaft ausgesprochen werden. Insoweit gilt grundsätzlich und im Zweifel für die Zuständigkeit eine Annexkompetenz[50] zugunsten derjenigen Organe, die auch für die Organbestellung und -abberufung und den Abschluss des Dienstvertrags zuständig sind. Besonderheiten ergeben sich insoweit bei mitbestimmten Gesellschaften.

 

Rz. 39

Bei der AG ist für die Kündigung der Aufsichtsrat der Gesellschaft zuständig. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kündigung zusammen mit dem Widerruf der Bestellung ausgesprochen wird. Die Kündigungszuständigkeit kann auf einen Ausschuss delegiert werden (vgl. § 107 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 84 Abs. 3 S. 5 AktG). Dieser darf aber nicht durch vorzeitige Entscheidung über die Kündigung die Entscheidung des Aufsichtsratsplenums über den Widerruf präjudizieren. Auch bei dem Abschluss von Aufhebungsverträgen ist die Zuständigkeit des Aufsichtsrats gegeben.

 

Rz. 40

Bei der GmbH ist zuständig für den Widerruf der Bestellung und damit auch ("Annex") für den Ausspruch der Kündigung die Gesellschafterversammlung.[51] Bei mitbestimmten Gesellschaften tritt an ihre Stelle der Aufsichtsrat.[52] Existiert bei einer GmbH ein fakultativer Aufsichtsrat, dann ist dieser zuständig, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 112 AktG enthält.[53] Durch Gesellschaftsvertrag oder die Gesellschafter kann die Befugnis, den Anstellungsvertrag zu kündigen, auf andere Personen übertragen werden.[54]

 

Rz. 41

Fällt die AG oder die GmbH in den Anwendungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes, dann verbleibt es bei der vorgenannten ursprünglichen Zuständigkeit.

 

Rz. 42

Fällt die GmbH oder die AG unter das Mitbestimmungsgesetz,[55] dann ist zu beachten, dass der Aufsichtsrat einer derartigen Gesellschaft paritätisch zu besetzen ist. Dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats steht ein sog. Zweitstimmrecht zu. Dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung muss dann ein Arbeitsdirektor angehören. In diesen Fällen erfolgt die Bestellung der Organmitglieder in dem besonderen Verfahren des § 31 MitbestG. Dabei ist im ersten Wahlgang eine Mehrheit von 2/3 der Mitglieder des Aufsichtsrats erforderlich. Wird diese nicht erreicht, so muss der Vermittlungsausschuss dem Aufsichtsrat binnen eines Monats einen neuen Vorschlag machen. Hierüber wird in einem zweiten Wahlgang abgestimmt. Bei diesem zweiten Wahlgang reicht für die Bestellung die absolute Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder aus. Wird diese nicht erreicht, so kann bei einer erneuten Abstimmung der Vorsitzende seine Zweitstimme einsetzen, um die absolute Mehrheit zu erreichen. In dem Verfahren nach § 31 MitbestG ist auch der Arbeitsdirektor zu bestellen. Er muss dem jeweiligen Vertretungsorgan (Vorstand/Geschäftsführung) als gleichberechtigtes Mitglied gem. § 33 MitbestG angehören. Ihm ist mit der Bestellung die Zuständigkeit für Personal- und Sozialangelegenheiten zuzuweisen.

 

Rz. 43

Für den Widerruf der Bestellung gelten die gleichen Zuständigkeiten und Mehrheitsregeln wie für die Bestellung. Zu beachten ist, dass der Widerruf bei mitbestimmten Gesellschaften nur aus wichtigem Grund gem. § 31 Abs. 1 S. 1 MitbestG, § 84 Abs. 3 AktG ausgesprochen werden kann. Die Zuständigkeit für Abschluss und Beendigung des Dienstvertrags von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern und damit auch für den Ausspruch der Kündigung steht dem Aufsichtsrat als Annexkompetenz zu seiner Bestellungs- und Abschlusskompetenz zu. Dies gilt dann auch für den Abschluss von Aufhebungsverträgen.[56]

 

Rz. 44

Kommt es zu einem Auseinanderfallen von Zuständigkeiten, ist zu bedenken, dass alle Handlungen auf wirksamen Beschlussermächtigungen beruhen müssen. Besteht beispielsweise die Notwendigkeit, Kündigungsgründe nachzuschieben, ist dies materiellkündigungsrechtlich unproblematisch, wenn die Gründe im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorgelegen haben. Fällt die Zuständigkeit zur Abgabe der Kündigungserklärung und die Vertretung im Prozess auseinander, dann können diese Gründe nicht ohne weiteres im Prozess nachgeschoben werden.[57] Dabei soll nach Auffassung des BGH eine gesonderte Beschlussfassung bei der AG nicht erforderlich sein, weil der Aufsichtsrat die Gesellschaft im Prozess gem. § 112 AktG allein vertritt. Kommt es hingegen bei der GmbH zu einem Auseinanderfallen zwischen kündigendem Organ (Gesellschafterversammlung) und Prozessvertretungsorgan (gesonderter Vertreter, Geschäftsführung), dann bedarf es eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, damit das Prozessvertretungsorgan die Kündigung auch auf nachgeschobene Kündigungsgründe stützen kann.[58] Aus Gründen beraterischer Vorsorge empfiehlt es sich daher, bei AG und GmbH vorsorglich einen erneuten Beschluss des Organs, das für die Kündigung zuständig ist, beim Nachschieben von Kündigungsgründen herbeizuführen.[59]

[50] Vgl. hierzu Fleischer/Wedemann, GmbHR...

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