Rz. 81

Für volksdeutsche Vertriebene ist das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen (VFGüterstandG) zu beachten. Zwar gilt für Personen, die nach §§ 14 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) unter den dort festgelegten Begriff des Vertriebenen fallen, im Hinblick auf die ausländische Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung grundsätzlich das ausländische Güterstatut. Dieser Güterstand wird aber nach einem dreimonatigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland in den gesetzlichen deutschen Güterstand übergeleitet, § 3 i.V.m. § 1 VFGüterstandG. Dabei hat jeder Ehegatte binnen Jahresfrist ein Widerspruchsrecht, § 4 VFGüterstandG. Unterbleibt ein Widerspruch, gilt deutsches Güterrecht.

 

Rz. 82

Für Spätaussiedler (Personen, die erst nach dem 1.1.1993 ihre Heimat verlassen haben, § 4 BVFG) gilt diese Regelung nicht unmittelbar. Jedoch neigt die h.M. zu einer analogen Anwendung.[130]

OLG Hamm, Beschl. v. 8.10.2009 – I-15 Wx 292/08, DNotI-Report 2009, 194

Gesetzlicher Güterstand von Aussiedlern aus der Russischen Föderation nach Übersiedlung nach Deutschland

Zitat

Art. 4 EGBGB nimmt die Rückverweisung an, die sich aus der kollisionsrechtlichen Bestimmung des am 1.3.1996 in Kraft getretenen Art. 161 Abs. 1 des russ. FGB (Wohnsitzanknüpfung des Güterstatuts) ergibt.

Dies gilt auch insoweit, als die geänderte ausländische Kollisionsnorm zu einer nachträglichen Wandelbarkeit des Güterstatuts nach Wegfall der nach deutschem Kollisionsrecht maßgeblichen Anknüpfungstatsachen führt.

Der Erblasser hatte 1979 in der damaligen Sowjetunion geheiratet. Er und seine Ehefrau waren damals sowjetische Staatsangehörige. 1994 kamen sie als Spätaussiedler nach Deutschland und erwarben 1996 die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehefrau beantragt nun einen Erbschein, der sie und den gemeinsamen Sohn als Miterben zu je ½ ausweist. Sie behauptet dabei, es gelte die Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts als gesetzlicher Güterstand. Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen, weil es den maßgebenden Güterstand nicht aufklären konnte.

 

Rz. 83

Das OLG Hamm stellt zunächst fest, dass wegen der deutschen Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB deutsches Erbrecht gilt, so dass sich die Ehegattenerbquote aus § 1931 BGB ergibt. Für die Erhöhung der Erbquote gem. § 1371 Abs. 1 BGB komme es darauf an, dass deutsches Recht Güterstatut sei, weil nur dann die Eheleute in "Zugewinngemeinschaft" lebten. 

 

Rz. 84

Gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 EGBGB gilt im vorliegenden Fall das sowjetische bzw. aktuell das Güterrecht der Russischen Föderation. Ein Statutenwechsel zum deutschen Güterrecht könnte sich im vorliegenden Fall aus § 1 des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen[131] ergeben. Da allerdings der Begriff des Spätaussiedlers erst nach Erlass dieses Gesetzes in das Bundesvertriebenengesetz eingeführt wurde und das Gesetz über den Güterstand nicht entsprechend angepasst wurde, wird überwiegend angenommen, dass Spätaussiedler nicht unmittelbar erfasst werden. Die überwiegende Literaturmeinung hält allerdings eine entsprechende Anwendung des Gesetzes auf Spätaussiedler für geboten.[132]  

 

Rz. 85

Das Gericht lässt diese Frage dahingestellt und leitet die Geltung deutschen Güterrechts daraus ab, dass Art. 161 des Familiengesetzbuchs der Russischen Föderation vom 29.12.1995 für die güterrechtlichen Beziehungen zwischen den Eheleuten auf das am gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute geltende Recht verweise. Es ergebe sich eine gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB beachtliche Rückverweisung auf das deutsche Recht. Die Eheleute lebten daher zuletzt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts. Dabei stehe der Rückverweisung nicht entgegen, dass diese auf einer erst nach der Eheschließung in Kraft getretenen Änderung des Kollisionsrechts der Russischen Föderation beruhe.

OLG München ZEV 2011, 471

Güterrechtsstatut bei einer vor 1983 geschlossenen deutsch-spanischen Ehe

Zitat

1. Zur Bestimmung des Güterrechtsstatuts eines deutsch-spanischen Ehepaares, das 1975 in Deutschland geheiratet und ab Mitte 1976 bis zum Tod der Ehefrau 2009 den gewöhnlichen gemeinsamen Aufenthalt in Spanien hatte, für die Ermittlung der Erbquote des überlebenden Ehegatten als gesetzlicher Erbe.

2. Auch bei Anwendung des Art. 220 Abs. 3 EGBGB findet eine Gesamtverweisung unter Einschluss des ausländischen Kollisionsrechts statt; eine Rück- oder Weiterverweisung durch das ausländische (hier: spanische) Kollisionsrecht ist zu beachten.

3. Für die Frage, ob das ausländische Kollisionsrecht eine Rückverweisung vorsieht, ist das zum Zeitpunkt des Erbfalls geltende Recht unter Beachtung etwaiger Übergangsvorschriften maßgeblich (hier Art. 9 Abs. 2 Código Civil).

OLG Düsseldorf ZEV 2011, 473

Wandelbarkeit des Güterrechtsstatuts aufgrund Rückverweisung

Zitat

"Trotz der grundsätzlichen Unwandelbarkeit des Güterrechts ist eine Rechtsänderung hinsichtlich des internationalen...

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