Rz. 1

Im Unterschied zum Familienrecht spielt das Ausnützen des einstweiligen Rechtsschutzes im Erbrecht nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch ermöglicht auch im erbrechtlichen Verfahren der vorläufige Rechtschutz nicht selten die rechtzeitige Sicherung. Im Einzelnen wird zwischen Rechtsbehelfen der ZPO und solchen des FamFG unterschieden. Hinzu kommt der nicht gesetzlich geregelte Rechtshängigkeitsvermerk.

I. Einstweiliger Rechtsschutz im ZPO-Verfahren

 

Rz. 2

Zunächst sollen die Rechtsbehelfe der ZPO kurz dargestellt werden:

In der ZPO ist der vorläufige oder auch einstweilige Rechtsschutz in den §§ 916 bis 945 ZPO geregelt. Zu unterscheiden ist zwischen dem Arrest gem. §§ 916 ff. ZPO und der einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO. Für beide Rechtsbehelfe gelten die §§ 943 bis 945 ZPO.

 

Rz. 3

Durch den Arrest wird gem. § 916 Abs. 1 ZPO ausschließlich die künftige Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann,[1] gesichert.

 

Beispiele

Sicherung des künftigen Zugewinnausgleichsanspruchs,
Sicherung des Pflichtteilsanspruchs,
Sicherung eines Geldvermächtnisses
 

Rz. 4

Die einstweilige Verfügung hingegen sichert gem. §§ 935, 940 ZPO die künftige Zwangsvollstreckung wegen Ansprüchen, die nicht auf Geld gerichtet sind.

 

Beispiele

Sicherung von gegenständlichen Vermächtnissen,
Sicherung des Herausgabeanspruchs aus §§ 2287, 2288 BGB
 

Rz. 5

Die genannten Rechtsbehelfe schließen sich somit grundsätzlich gegenseitig aus.[2]

[1] Hierzu gehört auch der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, der einer Geldforderung gleichgestellt ist.
[2] Zu der Ausnahme Leistungsverfügung siehe unten Rdn 25.

1. Arrest

a) Voraussetzungen für den Arrestbefehl

 

Rz. 6

Zunächst muss der Gläubiger in seinem Arrestgesuch nach § 920 ZPO schlüssig einen Arrestanspruch gem. § 916 ZPO und einen Arrestgrund gem. §§ 917, 918 ZPO darlegen und glaubhaft machen (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO). Bei dem Gesuch ist besonders darauf zu achten, dass der geforderte Geldbetrag bzw. Geldwert wegen § 923 ZPO genau zu beziffern ist. Ansonsten genügt für die Zulässigkeit des Antrags das bloße Behaupten des Anspruchs.

 

Rz. 7

Ein Arrestgrund ist gegeben, wenn gem. § 917 Abs. 1 ZPO objektiv zu besorgen ist, dass ohne die Verhängung eines Arrestes die künftige Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs entweder vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert werden würde.

 

Beispiel

Der Erbe will sich mit dem kompletten Vermögen in das Ausland absetzen, um nicht den Pflichtteil auszahlen zu müssen.

 

Rz. 8

Allerdings kann kein Arrest erfolgreich durchgesetzt werden, wenn z.B. zu befürchten ist, dass weitere Pflichtteilsberechtigte zuvorkommen. Das Arrestgesuch kann entweder beim zuständigen Gericht der Hauptsache oder aber beim Amtsgericht der belegenen Sache gem. §§ 919, 943 ff., 802 ZPO eingereicht werden.

b) Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs und -grunds

 

Rz. 9

Nach § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft zu machen. Kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, gilt dies nur dann, wenn der Gegner die arrestbegründenden Tatsachen gem. §§ 138 Abs. 3, 288 ZPO bestreitet. Im Verfahren muss nicht der volle Beweis durch präsente Beweismittel (z.B. eidesstattliche Versicherung, Urkundenvorlage, Vorlage eines Sachverständigengutachtens) geführt, sondern lediglich dem Richter die Vorstellung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit vermittelt werden. Zu beachten ist, dass diese erhebliche Beweiserleichterung der Glaubhaftmachung nur für den Tatsachenvortrag gilt.

 

Rz. 10

Problematisch ist die Glaubhaftmachung im elektronischen Rechtsverkehr. Hier lauern einige Haftungsgefahren. Nach Inkrafttreten von § 130d ZPO (seit dem 1.1.2022) sind Anwälte verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument im Sinne des § 130a ZPO zu übermitteln.[3] Es bleibt jedoch grundsätzlich möglich, eidesstattliche Versicherungen schriftlich einzureichen. Für die Praxis wird vorgeschlagen,[4] dass der Prozessbevollmächtigte eine digitale Kopie der eidesstattlichen Versicherung vorlegt und selbst versichert, ihr liege die eidesstattliche Versicherung schriftlich vor, zusammen mit der Ankündigung, diese bei Bedarf sofort vorzulegen (sog. Glaubhaftmachungskette).

Als weitere Alternative bietet sich die volldigitale eidesstattliche Versicherung an, also mit qualifiziert elektronischer Signatur der Erklärung (z.B. in Form einer signierten PDF).

 

Rz. 11

Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern muss.[5] Eine nachgeholte Glaubhaftmachung dreieinhalb Wochen nach der Ersatzeinreichung ist nicht unverzüglich erfolgt.[6]

Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisiert...

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