1. Erfüllungseinrede
Rz. 159
Dem Auskunftsverpflichteten steht die Einrede der Erfüllung zu, wenn er gegenüber dem Berechtigten bereits Auskunft erteilt hat.[281] Dies ist dann der Fall, wenn der auskunftsverpflichtete Erbe ein vollständiges Nachlassverzeichnis vorgelegt hat[282] und er hinsichtlich etwaiger Schenkungen die ihm zumutbaren Nachforschungen angestellt hat. Hierzu ist er verpflichtet, wenn der Verdacht besteht, dass der Erblasser in dem maßgeblichen Zeitraum unentgeltliche Zuwendungen getätigt hat.[283]
Rz. 160
Praxishinweis
Die Schwierigkeit besteht in der Praxis bei der Beurteilung der Frage, ob tatsächlich eine Erfüllung (erfüllungstaugliche Leistung) des Auskunftsbegehrens vorliegt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Auskunftsberechtigten grundsätzlich kein Anspruch auf Ergänzung eines vorgelegten Nachlassverzeichnisses zugesprochen wird.
Rz. 161
Die Frage, ob ein Pflichtteilsberechtigter einen Anspruch auf ergänzende Auskunft über den Nachlassbestand hat, ist von der weiteren Frage zu unterscheiden, ob er bei einem schon vorliegenden Titel auf umfassende Auskunftserteilung noch einmal auf ergänzende Auskunftserteilung über konkret benannte Nachlassbestandteile klagen kann. Eine solche Klage ist unzulässig. Der Auskunftspflichtige ist auf den Vollstreckungsweg zu verweisen.[284] Im Rahmen der Vollstreckung kann der Auskunftsschuldner verpflichtet werden, bei entsprechenden Verdachtsmomenten bspw. seinen Auskunftsanspruch gegenüber Banken geltend zu machen, Kontounterlagen einzusehen und hinsichtlich etwaiger Verfügungen des Erblassers zu ermitteln.[285] Auf das Angebot zur Abtretung des Auskunftsanspruchs gegenüber dem Kreditinstitut braucht sich der Gläubiger nicht einzulassen.[286]
Rz. 162
Ferner richtet sich die Frage nach dem Bestehen der Einrede der Erfüllung danach, welchen konkreten Auskunftsanspruch der Berechtigte geltend gemacht hat. Hat der Pflichtteilsberechtigte z.B. seine Hinzuziehung bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses gefordert, so liegt keine Erfüllung vor, wenn der Erbe dies ignoriert und das Nachlassverzeichnis ohne Hinzuziehung des Pflichtteilsberechtigten erstellt hat. Dem Pflichtteilsberechtigten steht dann ein Recht auf eine erneute Erstellung des Nachlassverzeichnisses in seinem Beisein zu.[287]
Rz. 163
Nach Auffassung des OLG Schleswig[288] darf der Erbe gegenüber dem pflichtteilsberechtigten Nichterben nicht nur – wie anerkannt[289] – die Einholung eines Wertgutachtens i.S.d. § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern auch die von ihm nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB verlangte Einholung eines notariellen Nachlassverzeichnisses gem. § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB verweigern, wenn ein Aktivnachlass, aus dem die Kosten für den Notar entnommen werden können, nicht vorhanden ist.
Rz. 164
Praxishinweis
Zu den Voraussetzungen eines notariell erstellten Nachlassverzeichnisses vgl. OLG Celle ZErb 2002, 166. Danach ist der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis nicht dadurch erfüllt, dass der Notar die Erklärungen des Auskunftspflichtigen beurkundet. Das OLG Celle verlangt seitens des Notars vielmehr eine eigene Ermittlungspflicht. Nach der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken[290] genügt ein notarielles Nachlassverzeichnis den Anforderungen des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB nur dann, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig – wenn auch zunächst ausgehend von Angaben des Auskunftspflichtigen – ermittelt hat und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein.
2. Verjährung des Auskunftsanspruchs
Rz. 165
Nach der Reform des Erb- und Verjährungsrechts unterliegt der Auskunftsanspruch nunmehr ebenfalls der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB.[291] Insoweit soll es zu einem Gleichlauf zwischen Haupt- und Hilfsanspruch kommen.[292] Davor galt für den Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB nicht die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 BGB a.F.; es galt aber der Grundsatz, dass der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB als Nebenanspruch nicht später verjährt als der Hauptanspruch.[293]
Rz. 166
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 3.10.1984 festgestellt, dass dem Pflichtteilsberechtigten immer dann ein Auskunftsanspruch zu gewähren ist, wenn dieser ein Informationsbedürfnis darlegen kann.[294]
3. Zurückbehaltungsrecht gegen den Auskunftsanspruch
Rz. 167
In der Praxis stellt sich oftmals die Frage, ob dem Erben ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte selbst über eventuell erhaltene Vorempfänge auskunftspflichtig ist und dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Erbrechtliche Rechtsprechung findet man zu dieser Frage nicht. Ledig...
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