I. Verzug des Pflichtteilsschuldners

 

Rz. 349

Für die Frage der Verzinsung des Pflichtteilsanspruchs ist grundsätzlich auf die allgemeinen Vorschriften abzustellen, wonach eine Verzinslichkeit des Pflichtteilsanspruchs eintritt, wenn der Pflichtteilsschuldner im Verzug ist (§ 286 BGB) oder die Pflichtteilsforderung rechtshängig gemacht wurde (§ 291 BGB).[545] Verzug setzt nach § 286 BGB voraus, dass der Pflichtteilsschuldner nach Eintritt der Fälligkeit des Anspruchs auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet.

 

Rz. 350

Nach § 2317 Abs. 1 BGB entsteht der Pflichtteilsanspruch grundsätzlich mit Eintritt des Erbfalls und darf vom Pflichtteilsberechtigten sofort verlangt werden (§ 271 Abs. 1 BGB).[546] Damit der Pflichtteilsschuldner in Verzug kommt, bedarf es daher seitens des Pflichtteilsberechtigten einer Mahnung nach Fälligkeit des Anspruchs.[547] Zulässig ist hierbei wohl aber auch, dass die Mahnung mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden wird.[548]

 

Rz. 351

Voraussetzung für die Mahnung ist weiter, dass die Aufforderung zur Leistung des Pflichtteilsanspruchs bestimmt und eindeutig sein muss.[549] Nicht notwendig ist, dass die Mahnung eine Fristsetzung enthält, ebenso wenig muss eine bestimmte Folge angedroht werden.[550] Mit dem Zugang der Mahnung tritt dann Verzug ein.[551] Beim Pflichtteilsanspruch gilt des Weiteren die Besonderheit, dass mit Zugang der Mahnung ein Verzug auch dann eintritt, wenn der Pflichtteilsanspruch noch nicht beziffert werden kann.[552] Das Gleiche gilt, wenn der Pflichtteilsanspruch hilfsweise neben einem Hauptanspruch als Miterbe angemahnt wird.[553]

 

Rz. 352

 

Praxishinweis

Auch wenn der Pflichtteilsschuldner grundsätzlich durch einen nicht bezifferten Anspruch in Verzug gesetzt werden kann, bietet es sich jedoch an, die konkreten Tatsachen für die Berechnung der Höhe, sofern dies den Pflichtteilsberechtigten zu diesem Zeitpunkt schon möglich ist, vorzutragen.[554]

 

Rz. 353

Allerdings ist zu beachten, dass der Pflichtteilsschuldner dann nicht in Verzug kommt, wenn er den Umstand der Verzögerung der Leistung nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). So ist z.B. eine Verzögerung durch einen Sachverständigen, die dem Pflichtteilsschuldner nicht angelastet werden kann, entsprechend zu berücksichtigen. Dies gilt allerdings nicht, wenn sich aus den eigenen Wertangaben des Erben bereits ein höherer Pflichtteilsanspruch ergibt als die eingeklagte Hauptforderung. Der Pflichtteilsschuldner gerät daher im Falle sogenannter Bewertungsschwierigkeiten auf jeden Fall in Höhe des unstreitigen Teils in Verzug.[555] Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verzug unverschuldet eingetreten ist, trägt grundsätzlich der Pflichtteilsschuldner.[556]

[545] Kästler, DRiZ 1969, 278.
[546] Staudinger/Herzog, § 2317 Rn 3 ff.
[547] BGHZ 77, 64; BGH NJW 1992, 1956.
[548] BGH WM 1970, 1141; KG DNotZ 1987, 34; RGZ 50, 261.
[549] BGH FamRZ 1983, 52.
[550] Palandt/Grüneberg, § 284 Rn 17.
[551] Rißmann, ZErb 2002, 181 m.w.N.
[554] Vgl. hierzu Rißmann, ZErb 2002, 181.
[555] Staudinger/Herzog, § 2317 Rn 39.
[556] BGH NJW 1983, 61.

II. Höhe der Zinsen

 

Rz. 354

Bei der Geltendmachung einer Geldschuld ist die Regelung über die Verzugs- und Prozesszinsen zu beachten (§§ 288, 291 BGB). Danach ist eine Geldforderung während des Verzugs oder ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Der Basiszinssatz, der bereits mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen[557] an die Stelle des Diskontsatzes der Deutschen Bundesbank getreten ist, ist in § 247 BGB gesetzlich fixiert und wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines jeden Jahres angepasst (§ 247 Abs. 1 S. 2 BGB).[558] Eine Anpassung des jeweils gültigen Basiszinssatzes erfolgt automatisch.

 

Rz. 355

Der Klageantrag hat daher auf Zahlung des Geldbetrages zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz zu lauten.

 

Rz. 356

Den aktuellen Basiszinssatz findet man unter www.Basiszinssatz.de.

 

Rz. 357

Für die am 1.5.2000 und davor fälligen Geldforderungen verbleibt es bei dem damaligen gesetzlichen Zinssatz von 4 %.[559]

 

Rz. 358

Zur Geltendmachung eines möglichen verlorenen Anlagezinses bzw. Spekulationsgewinns vgl. Rißmann, ZErb 2002, 181.

[557] Gesetz vom 30.3.2000 (BGBl I 2000, 330).
[558] BT-Drucks 14/6040, S. 126.
[559] Palandt/Grüneberg, § 288 Rn 1.

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