Rz. 222

Im Rahmen der Stufenklage kann der Pflichtteilsberechtigte die Reihenfolge und Zusammensetzung der Stufe der jeweiligen Hilfsansprüche je nach Notwendigkeit selbst bestimmen. Hat der Pflichtteilsberechtigte seitens des Erben keine Informationen erhalten, bietet es sich an, in der ersten Stufe die Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu verlangen (§ 2314 BGB), in der zweiten Stufe den Anspruch auf Wertermittlung geltend zu machen, in der dritten Stufe die Abgabe der Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in einer vierten Stufe letztlich den Zahlungsanspruch, der sich aus dem ermittelten Nachlasswert und der dem Kläger zustehenden Pflichtteilsquote ergibt. Je nach Sachlage und Einzelfall sollte aber genau überlegt werden, ob der pflichtteilsberechtigte Kläger tatsächlich auf jeden Hilfsanspruch und somit auf alle Stufen der Klage angewiesen ist.

 

Rz. 223

 

Praxishinweis

Wird durch die Entscheidung über den Auskunftsanspruch das Rechtsverhältnis nicht erschöpfend klargestellt, ist z.B. auch ein Zwischenfeststellungsantrag zulässig.[368]

 

Rz. 224

Der Pflichtteilsberechtigte hat ferner die Möglichkeit, den Leistungsanspruch in Höhe eines Mindestanspruchs bereits zu beziffern. Dies führt nicht dazu, dass keine Stufenklage mehr vorliegt.[369] Der Kläger hat dann vielmehr bis zur Verhandlung über den Leistungsantrag die Möglichkeit, diesen anzupassen. Er ist an den vorläufig bezifferten Antrag nicht gebunden.[370]

 

Rz. 225

Ferner steht dem Pflichtteilsberechtigten, wenn er bereits fundierte Kenntnisse über den Umfang des Nachlasses und den Wert der Nachlassgegenstände hat, die Möglichkeit zu, eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils zu erheben und diesen letztlich mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils zu verbinden (vgl. Rdn 249).[371] Empfehlenswert ist diese Vorgehensweise allerdings nur hinsichtlich des unstreitigen Teils eines Pflichtteilsanspruchs.

 

Rz. 226

Muster 14.6: Stufenklageantrag auf Auskunft, Wertermittlung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung

 

Muster 14.6: Stufenklageantrag auf Auskunft, Wertermittlung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung

An das Landgericht _________________________

Klage

des _________________________, wohnhaft in _________________________

– Kläger –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

gegen

_________________________, wohnhaft in _________________________

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

wegen Auskunft, Wertermittlung, eidesstattlicher Versicherung und Pflichtteilszahlung

Vorläufiger Streitwert: _________________________ EUR

Namens und in Vollmacht des von uns vertretenen Klägers erheben wir Klage und werden im Termin zur mündlichen Verhandlung was folgt beantragen:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Erblassers _________________________ zu erteilen durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches insbesondere folgende Punkte umfasst:

alle beim Erbfall vorhandenen Immobilien, Sachen und Forderungen (Aktiva),
alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten, Erblasser- und Erbfallschulden (Passiva),
alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat,
alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen (§§ 2050 ff. BGB), die der Erblasser zu Lebzeiten an seine Abkömmling getätigt hat, sowie
den Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet gewesen ist.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Wert der sich nach erteilter Auskunft ergebenden Nachlassgegenstände durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens ermitteln zu lassen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, für den Fall, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt wird, zu Protokoll des Gerichts an Eides statt zu versichern, dass er den Bestand des Nachlasses und die darin enthaltenen Auskünfte über lebzeitige Zuwendungen und Vorempfänge sowie des Güterstands, in dem der Erblasser gelebt hat, nach bestem Wissen so vollständig angegeben hat, wie er dazu in der Lage war.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger _________________________ (Quote) den sich anhand der nach Ziff. 1. zu erteilenden Auskunft errechnenden Betrag nebst Zinsen i.H.v. jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Für den Fall der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens beantragen wir schon jetzt den Erlass eines Versäumnisurteils gem. § 331 Abs. 3 ZPO, sobald hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Begründung:

_________________________

 

Rz. 227

 

Praxishinweis

Bei der Formulierung des Auskunftsbegehrens in der ersten Stufe ist ein möglichst genauer Antrag hinsichtlich des Umfangs zu stellen. Denn nach Ansicht des OLG Celle[372] ist bei einem im Wege der Stufenklage gestelltem Auskunftsbegehren nicht ohne weiteres davon auszugehen, das...

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