Rz. 304

Grundsätzlich trägt der Erbe oder der Beschenkte als Pflichtteilsschuldner die Beweislast dafür, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat. Hier kann z.B. nicht unterstellt werden, dass der Pflichtteilsberechtigte alsbald nach Eintritt des Erbfalls von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt hat. Die Annahme, dass die Eröffnung der letztwilligen Verfügung ein prima-facie-Beweis für die Kenntnis des Inhalts der letztwilligen Verfügung darstellt, kann aber wohl nur dann richtig sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass diese dem Pflichtteilsberechtigten auch zugegangen ist. Da die Gerichte das Eröffnungsprotokoll i.d.R. nur mittels normalen Schreibens verschicken, dürften die Beweisschwierigkeiten seitens des Pflichtteilsgläubigers in streitigen Situationen wohl kaum zu lösen sein.

 

Rz. 305

Zu beachten ist, dass der Beweis über die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten durch § 348 Abs. 3 FamFG erleichtert wird. Danach hat das Nachlassgericht den Beteiligten – zu denen nach § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 FamFG auch der Pflichtteilsberechtigte zählt – den sie betreffenden Inhalt der Verfügung von Todes wegen schriftlich bekannt zu geben. Die Form der Bekanntgabe richtet sich nach § 15 FamFG.[475] Nach § 15 Abs. 2 FamFG ist die Bekanntgabe durch Zustellung nach den Regeln der ZPO vorzunehmen, sie kann aber auch durch Aufgabe zur Post bewirkt werden. Für diesen Fall wird angenommen, dass das Schriftstück drei Tage danach dem Pflichtteilsberechtigten zugegangen ist, es sei denn, er kann glaubhaft machen, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 15 Abs. 2 S. 2 FamFG).

[475] BT-Drucks 16/6308, S. 280.

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