a) Allgemeines

 

Rz. 220

Bei der Stufenklage nach § 254 ZPO wird ein noch nicht zu beziffernder Leistungsanspruch zusammen mit einem Hilfsanspruch (Auskunft, Wertermittlung) erhoben. Die Besonderheit hierbei ist, dass der noch nicht bezifferte Leistungsantrag auch in der sich später herausstellenden Höhe rechtshängig wird.[359] Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der unbezifferte Leistungsantrag auch tatsächlich gestellt wird. Eine bloße Ankündigung des Leistungsantrags genügt nicht.[360] Nach § 253 Abs. 2 S. 2 ZPO ist eine Befreiung von der Bezifferungspflicht dann zulässig, wenn der zuvor geltend gemachte Hilfsanspruch für die Bestimmung der Höhe des Leistungsanspruchs notwendig ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Hilfsanspruch nur deshalb geltend gemacht wird, um Informationen für die Durchsetzung des Leistungsanspruchs zu erhalten.[361] Nach der Durchsetzung der Hilfsansprüche (Auskunft, Wertermittlung, eidesstattliche Versicherung) ist der Kläger aber verpflichtet, den Leistungsanspruch zu beziffern. Andernfalls ist die Klage wegen Unzulässigkeit abzuweisen.[362] Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass in einem solchen Fall die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB endet.[363]

[359] BGH NJW-RR 1995, 513.
[360] OLG Celle OLGR 1999, 286; OLG Schleswig ZErb 2012, 117.
[362] OLG Köln NJW 1973, 1848.
[363] BGH NJW 1999, 1109; BGH NJW 1975, 1409.

b) Die Verjährung im Rahmen der Stufenklage

 

Rz. 221

Auch wenn im Rahmen einer Stufenklage zunächst nur ein unbezifferter Leistungsantrag gestellt wird, ist die Verjährung grundsätzlich gehemmt. Dies gilt so lange, bis die die Leistung vorbereitenden Hilfsansprüche erfüllt worden sind.[364] Die Hemmung endet jedoch nicht sofort mit der Erfüllung der Hilfsansprüche. Dem Kläger steht insoweit eine angemessene Frist zur Überprüfung und Auswertung der erlangten Ergebnisse zu.[365] Gleiches gilt für den Fall, dass der Kläger die zur Bezifferung seines Leistungsanspruchs erforderlichen Hilfsansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen muss. In diesem Fall liegt ein Stillstand des Verfahrens der Stufenklage nicht vor. Endet das Verfahren einer Vollstreckungsabwehrklage durch Vergleich unter Widerrufsvorbehalt, gerät das mit der Stufenklage verfolgte Verfahren erst nach Unterlassen des Widerrufs in Stillstand.[366] Wurde der Leistungsanspruch nach Erfüllung der Hilfsansprüche einmal beziffert, dann ist die Verjährung aber nur noch in der konkret genannten Höhe gehemmt.[367] Zur Hemmung der Verjährung, wenn der Pflichtteilsberechtigte Klage erhoben hat, ihm aber aufgrund vergessener Ausschlagung der Pflichtteilsanspruch noch nicht zusteht, siehe Rdn 317.

[364] BGH LM, ZPO, § 254 Nr. 3.
[365] BGH FamRZ 1992; BGH NJW 1992, 2563.
[367] BGH FamRZ 1992, 1163.

c) Der Klageantrag

 

Rz. 222

Im Rahmen der Stufenklage kann der Pflichtteilsberechtigte die Reihenfolge und Zusammensetzung der Stufe der jeweiligen Hilfsansprüche je nach Notwendigkeit selbst bestimmen. Hat der Pflichtteilsberechtigte seitens des Erben keine Informationen erhalten, bietet es sich an, in der ersten Stufe die Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu verlangen (§ 2314 BGB), in der zweiten Stufe den Anspruch auf Wertermittlung geltend zu machen, in der dritten Stufe die Abgabe der Versicherung an Eides statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in einer vierten Stufe letztlich den Zahlungsanspruch, der sich aus dem ermittelten Nachlasswert und der dem Kläger zustehenden Pflichtteilsquote ergibt. Je nach Sachlage und Einzelfall sollte aber genau überlegt werden, ob der pflichtteilsberechtigte Kläger tatsächlich auf jeden Hilfsanspruch und somit auf alle Stufen der Klage angewiesen ist.

 

Rz. 223

 

Praxishinweis

Wird durch die Entscheidung über den Auskunftsanspruch das Rechtsverhältnis nicht erschöpfend klargestellt, ist z.B. auch ein Zwischenfeststellungsantrag zulässig.[368]

 

Rz. 224

Der Pflichtteilsberechtigte hat ferner die Möglichkeit, den Leistungsanspruch in Höhe eines Mindestanspruchs bereits zu beziffern. Dies führt nicht dazu, dass keine Stufenklage mehr vorliegt.[369] Der Kläger hat dann vielmehr bis zur Verhandlung über den Leistungsantrag die Möglichkeit, diesen anzupassen. Er ist an den vorläufig bezifferten Antrag nicht gebunden.[370]

 

Rz. 225

Ferner steht dem Pflichtteilsberechtigten, wenn er bereits fundierte Kenntnisse über den Umfang des Nachlasses und den Wert der Nachlassgegenstände hat, die Möglichkeit zu, eine Teilklage auf den Mindestwert des Pflichtteils zu erheben und diesen letztlich mit einer Stufenklage bezüglich des restlichen Teils zu verbinden (vgl. Rdn 249).[371] Empfehlenswert ist diese Vorgehensweise allerdings nur hinsichtlich des unstreitigen Teils eines Pflichtteilsanspruchs.

 

Rz. 226

Muster 14.6: Stufenklageantrag auf Auskunft, Wertermittlung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung

 

Muster 14.6: Stufenklageantrag auf Auskunft, Wertermittlung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung

An das Landgericht _________________________

Klage

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