Rz. 69

Wie sich bereits aus der Gesetzessystematik ergibt, ist das Verfahren nach § 495a ZPO nur bei Verfahren vor dem Amtsgericht anwendbar. Im Rahmen der Zuständigkeit des Amtsgerichts ist jedoch in allen Verfahren die Möglichkeit eröffnet, das Verfahren nach § 495a ZPO zu betreiben.[35] Für familiengerichtliche Verfahren ist jedoch eine Anwendung des § 495a ZPO in Ehesachen und Familienstreitsachen ausgeschlossen, da in § 113 FamFG lediglich auf die Vorschriften über das landgerichtliche Verfahren in der ZPO verwiesen wird. Zudem gehen besondere Bestimmungen für bestimmte Verfahrensarten, z.B. des Wechselprozesses oder des Verfahrens der einstweiligen Verfügung, als lex specialis dem Verfahren nach § 495a ZPO vor.[36]

 

Rz. 70

Der Streitwert darf 600 EUR nicht überschreiten. Dabei ist vom Zuständigkeitsstreitwert und nicht vom Rechtsmittel- oder Gebührenstreitwert auszugehen.[37]

 

Rz. 71

Dies bedeutet, dass bei der Erhebung einer Widerklage das Verfahren nach § 495a ZPO weiterhin zulässig ist, wenn der Wert der Widerklage ebenfalls 600 EUR nicht übersteigt.

 

Rz. 72

Wenn der Beklagte gegen die Klageforderung mit einer Gegenforderung die Hauptaufrechnung erklärt, ist ebenfalls § 5 Hs. 2 ZPO anwendbar, sodass hier ebenso über die Zulässigkeit zu entscheiden ist wie bei einer Widerklage.

 

Rz. 73

Wenn der Beklagte nur hilfsweise eine (oder mehrere) Gegenforderungen zur Aufrechnung stellt, hat dies keinerlei Auswirkungen auf den Zuständigkeitsstreitwert und ist daher für die Zulässigkeit des Verfahrens nach § 495a ZPO unerheblich.

 

Rz. 74

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es für die Zulässigkeit des Verfahrens nach § 495a ZPO nicht darauf ankommt, ob es sich um eine vermögensrechtliche oder eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt.

 

Rz. 75

 

Tipp

Sollte das Gericht das Verfahren nach § 495a ZPO anordnen, ohne dass dies nach Ihrer Auffassung zulässig ist, weil der Zuständigkeitsstreitwert über 600 EUR liegt, sollten Sie zunächst unter Hinweis auf diese Problematik eine Streitwertfestsetzung beantragen.

Sollte das Gericht entgegen Ihrer Auffassung den Streitwert auf unter 600 EUR festsetzen, bleibt Ihnen die Möglichkeit der Streitwertbeschwerde.[38] Ob dies jedoch zulässig ist, wird von der Rechtsprechung zunehmend ablehnender beurteilt.[39] Als Besonderheit ist zu beachten, dass hier gerade keine Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG vorliegt, da diese nur den Gebührenstreitwert betreffen würde. Bei der Streitwertgrenze des § 495a ZPO geht es jedoch um den Zuständigkeitsstreitwert.

[35] Zöller/Herget, § 495a Rn 4.
[36] Zöller/Herget, § 495a Rn 4; B/L/A/H/Hartmann, § 495a Rn 7.
[37] Zöller/Herget, § 495a Rn 5.
[38] Zöller/Herget, § 3 Rn 7; LG München I NJW-RR 2002, 425; siehe Muster Rdn 147.
[39] So: LG Stuttgart NJW-RR 2008, 1167 mit ausführlicher Begründung und m.w.N.; OLG Köln, Beschl. v. 12.8.2009 – 16 W 26/09; zitiert nach juris.

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