Rz. 35

Voraussetzung für die Verhängung eines Fahrverbotes nach der BKatV ist das Vorliegen eines der vorgenannten Regelfälle. Die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbotes war Gegenstand der Rechtsprechung des BVerfG sowie verschiedener BGH-Entscheidungen. Zunächst hatte das BVerfG[51] entschieden, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein Fahrverbot quasi als "Ultima Ratio" nur dann zulässt, wenn feststeht, dass der Betroffene mit milderen Maßnahmen, z.B. durch die Erhöhung der Regelbuße und im Wiederholungsfall durch die Verhängung des Höchstbetrages, nicht ausreichend zu verkehrsgerechtem Verhalten angehalten werden kann. Dies führte dazu, dass die überwiegende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte die Verhängung eines Fahrverbotes selbst bei schweren Verstößen nur in sorgsam begründeten Ausnahmefällen zuließ. Dieser Rechtsprechung trat der BGH mit seiner Entscheidung vom 28.11.1991[52] entgegen mit der Begründung, die Erfüllung eines der in § 2 Abs. 1 BKatV genannten Tatbestände indiziere das Vorliegen einer groben oder beharrlichen Pflichtverletzung i.S.d. § 25 StVG und zugleich auch die Verhängung eines Fahrverbotes als angemessene Reaktion auf einen solchen Verstoß. Diese Rechtsprechung ist durch das BVerfG bestätigt worden.[53] Somit bestehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht, weil der Bußgeldrichter an die Indizwirkung der Regelfälle nicht gebunden ist. Der Richter hat vielmehr den Spielraum, im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht zu bestimmen, ob das Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle derart abweicht, dass ein Fahrverbot unangemessen ist.

 

Rz. 36

Ein Fahrverbot nach § 25 StVG kann nur gegen den Kraftfahrzeugführer verhängt werden, nicht auch gegen mögliche Mitverantwortliche, die das Kraftfahrzeug nicht geführt haben. Insbesondere kommt ein Fahrverbot bei Verletzung von Halterpflichten nicht in Betracht.[54]

 

Rz. 37

Voraussetzung für die Verhängung eines Fahrverbotes nach der Regelung in § 4 BKatV ist ein grober bzw. beharrlicher Pflichtverstoß. Dieser ist in den in der BKatV geregelten Fällen indiziert[55] mit der Maßgabe, dass dann "in der Regel" ein Fahrverbot in Betracht kommt.

 

Rz. 38

Vom Fahrverbot kann in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Ein Fahrverbot gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1 StVG kann seinen Sinn verloren haben, wenn die Tat längere Zeit zurückliegt und für die lange Verfahrensdauer maßgebliche Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen – z.B. ein Fehler innerhalb der Justiz – ursächlich sind.[56] Die Beschränkung eines Fahrverbots auf bestimmte Fahrzeuggruppen stellt rechtstechnisch kein teilweises Absehen in diesem Sinne dar.[57]

[51] NJW 1969, 1623.
[52] zfs 1992, 30.
[53] NJW 1996, 1809 = NZV 1996, 284 = zfs 1996, 196.
[54] BayObLG NZV 1996, 37; vgl. hierzu auch Hentschel/König/Dauer, StVG § 25 Rn 16.
[55] Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, StVG § 25 Rn 19.
[56] OLG Köln NZV 2000, 430.
[57] AG Lüdinghausen SVR 2014, 392 m. Anm. Krenberger.

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