Rz. 1

Bei Miterben besteht die Besonderheit,[1] dass die Vermögensmassen Nachlass und Eigenvermögen bis zur Teilung des Nachlasses,[2] der ihnen in gesamthänderischer Verbundenheit zusteht,[3] getrennt bleiben und damit die oben bereits genannte Ratio für die unbeschränkte Haftung auch mit dem Eigenvermögen entfällt.

 

Rz. 2

Ferner können einzelne Miterben alleine die Nachlassverbindlichkeiten nicht erfüllen, sondern sind wegen §§ 2038, 2040 BGB auf die Mitwirkung der anderen Miterben angewiesen. Vor der Teilung des Nachlasses kann ein Miterbe nicht allein über den Nachlass verfügen, § 2040 Abs. 1 BGB. Auch aufrechnen kann er ohne die Zustimmung der anderen Miterben wegen § 2040 BGB nicht (ein Miterbe kann aber die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit verweigern, wenn und soweit ein Gläubiger aufrechnen könnte analog § 770 Abs. 2 BGB,[4] bei Ungleichartigkeit der Ansprüche kann der Miterbe ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen,[5] § 273 BGB).

 

Hinweis

Die Miterben müssen zwar durch sinnvolle Verwaltungsmaßnahmen darauf achten, dass der Nachlass in seinem Wert erhalten bleibt und keine Unterdeckung eintritt; denn sonst machen sie sich gegenüber den Nachlassgläubigern haftbar. Daher kann ein Miterbe gegen den anderen aus § 2038 BGB einen Anspruch auf Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten haben. Dies betrifft aber nur das Innenverhältnis der Miterben untereinander.

Aus Sicht des Gläubigers ist es einfacher – und wegen der grundsätzlich nach § 2058 BGB bestehenden gesamtschuldnerischen Haftung (siehe noch unten Rdn 14 ff.) auch möglich – sich an einen der Miterben zu halten, wobei er sich in der Regel den zahlungskräftigsten aussuchen wird, und also nur einen Ansprechpartner zu haben, statt sich mit den Querelen der Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen. Dies birgt für den in Anspruch genommenen Miterben die Gefahr, als einziger in Anspruch genommen zu werden, dem Gläubiger nach außen hin voll (nicht etwa nur in Höhe seiner Erbquote) mit seinem Eigenvermögen zu haften. In diesem Fall wäre er auf einen Regress gegen seine Miterben im Innenverhältnis angewiesen.

 

Rz. 3

Diese beiden Aspekte rechtfertigen es, Miterben nicht nur bis zur Annahme, sondern bis zur Teilung die vorübergehende Einrede des ungeteilten Nachlasses gemäß § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB an die Hand zu geben, durch die sie die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten aus ihrem Eigenvermögen verweigern können.[6] Gläubiger haben nur die Möglichkeit, in den Nachlass (vgl. § 2059 Abs. 2 BGB, § 747 ZPO)[7] oder in den Miterbenanteil eines Miterben (§ 859 Abs. 2 ZPO)[8] zu vollstrecken. Vollstreckt ein Nachlassgläubiger in das Eigenvermögen eines Miterben (das dieser außerhalb seines Miterbenanteils hat), kann dieser das durch wirksames Geltendmachen der Einrede des § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB verhindern.

 

Rz. 4

Trotz § 2059 BGB ist es auch bei einer Miterbengemeinschaft notwendig und wichtig, die allgemeinen Mittel zur Haftungsbeschränkung zu ergreifen:[9]

§ 2059 Abs. 1 BGB verhindert schon nach dem Wortlaut des § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB nicht das Zugreifen einzelner Nachlassgläubiger auf den Miterbenanteil. Die Gläubiger können gemäß § 859 Abs. 2 ZPO bis zur Teilung in den Miterbenanteil vollstrecken. Das verschafft ihnen das Recht auf Ausübung der Gemeinschaftsrechte und auf den verbleibenden Überschuss (§ 2047 Abs. 1 BGB).[10]

 

Rz. 5

Die Miterben werden verhindern wollen, dass ein Dritter sich solcherart in die Belange der Erbengemeinschaft einmischt. Dies kann nur durch die allgemeinen Haftungsbeschränkungsmaßnahmen herbeigeführt werden.

 

Hinweis

Ist bei Eröffnung von Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung bereits ein Erbteil eines Miterben gepfändet, so kann der entsprechende Miterbe gemäß § 784 ZPO die Aufhebung der Pfändung bewirken.

 

Rz. 6

Die Wirkungen des § 2059 Abs. 1 BGB reichen nur vorübergehend bis zur Teilung des Nachlasses. Um eine endgültige Haftungsbeschränkung auf den Nachlass noch für die Zeit nach der Teilung zu erreichen, müssen die Miterben daher auf die allgemeinen Haftungsbeschränkungsmittel zurückgreifen. Dabei bleiben bereits vorher eingeleitete Haftungsbeschränkungsmaßnahmen auch für die Zeit nach der Teilung bestehen. Das Gesetz sieht es sogar als gewollten Regelfall an, dass die Miterben eine Haftungsbeschränkung vor der Teilung herbeiführen. Dies zeigen schon die §§ 2045, 2046 BGB für das Innenverhältnis. Im Außenverhältnis gilt: Eine Auseinandersetzung darf erst nach Erfüllung sämtlicher Nachlassverbindlichkeiten erfolgen, um sich keiner Haftung nach §§ 2058, 1978 Abs. 1 S. 1 BGB auszusetzen. So kann ein Antrag auf Nachlassinsolvenz zwar auch nach der Teilung noch von jedem Miterben gestellt werden, §§ 316 Abs. 2, 317 InsO;[11] es droht aber eine Haftung aus § 1980 BGB.

 

Rz. 7

Nach der Teilung haften Miterben grds. als Gesamtschuldner nach § 2058 BGB.[12] Es haftet also ein jeder Miterbe auf die volle Schuld mit entsprechender Innenregressmöglichkeit, §§ 421 ff. BGB,[13] als Sanktion dafür, dass vor der Auskehr des Erbes nicht zunächst die ...

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