Rz. 74

Wird an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen, so gilt § 20 S. 2 RVG. Das weitere Verfahren vor dem Empfangsgericht gilt als neue Angelegenheit, auch gegenüber dem vorangegangenen Verfahren. Eine Anrechnung ist hier im Gegensatz zu § 21 Abs. 1 RVG nicht vorgesehen.[19]

 

Beispiel 43: Verweisung an ein untergeordnetes Gericht

Es wird Klage (Wert: 10.000,00 EUR) vor dem LG erhoben. Das LG entscheidet durch Urteil. Das OLG hebt auf die Berufung das Urteil des LG auf und verweist die Sache auf den jetzt hilfsweise gestellten Verweisungsantrag an das zuständige FamG, vor dem dann erneut verhandelt wird.

Da das OLG nicht an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen hat, liegt kein Fall des § 21 Abs. 1 RVG vor, sondern ein Fall des § 20 S. 2 RVG. Das weitere Verfahren vor dem FamG ist eine neue Angelegenheit, in der alle Gebühren anrechnungsfrei erneut entstehen.

 
I. Erste Instanz vor dem LG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR
II. Berufungsverfahren vor dem OLG
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   982,40 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.739,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   330,45 EUR
Gesamt   2.069,65 EUR
III. Verfahren nach Verweisung vor dem FamG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   798,20 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR
 

Rz. 75

Auch hier kann sich nach Verweisung ein anderer Streitwert ergeben.

 

Beispiel 44: Verweisung an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs, unterschiedliche Wertvorschriften

Nach Kündigung eines Anstellungsvertrags wird vor dem LG auf Feststellung des Fortbestands des Anstellungsverhältnisses geklagt (Jahreseinkommen 120.000,00 EUR). Das LG gibt der Klage statt. Auf die Berufung hebt das OLG das Urteil des LG wegen Verstoßes gegen § 17a GVG auf und verweist die Sache an das ArbG.

Das weitere Verfahren nach Verweisung stellt wiederum eine neue Angelegenheit dar (§ 20 S. 2 RVG). Während vor dem LG auf § 42 Abs. 1 GKG abzustellen ist (dreifacher Jahreswert), gilt für das Verfahren vor dem ArbG § 42 Abs. 2 GKG. Maßgebend ist nur das Quartalseinkommen in Höhe von 40.000,00 EUR.

 
I. Verfahren vor LG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   3.914,30 EUR
  (Wert: 360.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   3.613,20 EUR
  (Wert: 360.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 7.547,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   1.434,03 EUR
Gesamt   8.981,53 EUR
II. Berufungsverfahren
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   4.817,60 EUR
  (Wert: 360.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   3.613,20 EUR
  (Wert: 360.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 8.450,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   1.605,65 EUR
Gesamt   10.056,45 EUR
III. Verfahren vor dem ArbG
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.452,10 EUR
  (Wert: 40.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.340,40 EUR
  (Wert: 40.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.812,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   534,38 EUR
Gesamt   3.346,88 EUR
[19] BGH AGS 2020, 63 = NJW 2020, 932 = RVGreport 2020, 132; OLG Rostock AGS 2019, 452 = NZFam 2019, 835; a.A. VGH München NVwZ-RR 2010, 663.

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