Rz. 280

Die förmliche Abnahme nach § 12 Abs. 4 VOB/B hat für beide Vertragsparteien den Vorteil, dass aufgrund des schriftlichen Abnahmeprotokolls Klarheit über die Feststellungen und getroffenen Absprachen bei der Abnahme gegeben ist. Die förmliche Abnahme hat nach § 12 Abs. 4 VOB/B auf Verlangen einer Vertragspartei stattzufinden, wobei die Vereinbarung über die förmliche Abnahme bereits im Bauvertrag erfolgen kann. Die fiktive Abnahme ist in § 12 Abs. 5 VOB geregelt und tritt ohne Durchführung einer Abnahme nur durch Zeitablauf ein. Danach wird eine Abnahme fingiert, wenn der Auftraggeber nach zwölf Werktagen ab Zugang der schriftlichen Fertigstellungsmitteilung keine Abnahme durchgeführt hat. Die Zusendung einer Schlussrechnung steht einer Fertigstellungsmitteilung gleich. Weiterhin tritt eine fiktive Abnahme ein, wenn keine Abnahme verlangt wird und der Auftraggeber die Leistung in Benutzung genommen hat, § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B. Die Frist beträgt hier sechs Werktage. Ein Ausschluss der fiktiven Abnahme ist zwar AGB-rechtlich ohne weiteres möglich, stellt aber einen Eingriff in die VOB/B mit der entsprechenden nachteiligen Folge dar. Entsprechend wird ein Ausschluss der fiktiven Abnahme im Vertragsmuster vermieden.

 

Rz. 281

Zugleich mit der Abnahme der Bauleistung ist auch vorgesehen, die Architekten- und Ingenieurleistung abzunehmen. Die Abnahme richtet sich hier nach § 640 BGB, wobei hier ohne Weiteres eine förmliche Abnahme vereinbart werden kann. Nach dem BGB ist eine fiktive Abnahme nur in der Weise möglich, in dem der Generalübernehmer dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und der Auftraggeber innerhalb der gesetzten Frist die Abnahme nicht durchführt, § 640 Abs. 1 S. 3 BGB. Die Abnahme der Bauleistungen sowie der Architekten- und Ingenieurleistungen kann nur erfolgen, wenn kein wesentlicher Mangel vorliegt. Ein wesentlicher Mangel setzt voraus, dass die Funktionsfähigkeit des Bauwerkes erheblich beeinträchtigt ist. Da das Bauwerk voll funktionsfähig sein muss, gehört dazu auch, dass Bedienungsanleitungen und andere Unterlagen, die z.B. für den Betrieb von technischen Anlagen des Gebäudes oder für die Heizung notwendig sein, übergeben werden. Nicht zulässig ist es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Abnahme von der Vorlage aller Unterlagen abhängig zu machen. Es ist daher im Einzelfall festzulegen, welche Unterlagen im Einzelnen zur Abnahme vorliegen müssen. Hierbei kann es sich z.B. um den Schlussabnahmeschein der Bauordnungsbehörde, soweit dieser bereits vorliegt, Bestands- und Revisionspläne, Bedienungs- und Pflegeanleitungen sowie Nachweise über bestimmte Eigenschaften von Baumaterialien und Baustoffen handeln. Eine Klausel, welche die Vorlage der Unterlagen zur Abnahmevoraussetzung macht, kann den Generalübernehmer jedoch unangemessen benachteiligen, wenn die Vorlage der Unterlagen von Dritten abhängt und seine Möglichkeiten, die Abnahmevoraussetzungen herbeizuführen, allenfalls eingeschränkt gegeben sind. Die Abnahme könnte dann langfristig verzögert werden, sodass das Muster unter Rdn 242 keine Unterlagen erhält, auf die der Generalübernehmer keinen Einfluss hat.

 

Rz. 282

Die Verpflichtung zur Mängelbeseitigung folgt aus § 13 Abs. 5 VOB/B. Bei der Abnahme kann gleich eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung vereinbart werden, nach deren Ablauf dem Generalübernehmer kein Recht zur Nachbesserung mehr zusteht, die Nachbesserung durch eigene Leute oder seine Subunternehmer zu durchzuführen. Mit Ablauf der Frist ist ohne Ablehnungsandrohung der Auftraggeber berechtigt, einen Dritten auf Kosten des Generalübernehmers mit der Mängelbeseitigung zu beauftragen. Dem Auftraggeber steht weiter ein Nacherfüllungsanspruch zu, wenn er darauf besteht.

 

Rz. 283

Bei Gewerbeobjekten kommt es häufig vor, dass Mieter vor Fertigstellung des Objektes und somit vor Durchführung einer Abnahme Einrichtungsgegenstände einbauen wollen. Hier ist darauf zu achten, dass dem Generalübernehmer nicht das Recht genommen wird, den Zustand vor Durchführung dieser Arbeiten durch Dritte feststellen zu lassen, damit die Tätigkeit der Mieter nicht zulasten des Generalübernehmers geht. Hier besteht sein Recht darin, eine sog. technische Teilabnahme nach § 4 Abs. 10 VOB/B zu vereinbaren. Dieses ist rechtlich gesehen keine Abnahme, führt jedoch dazu, dass eine Beweislastumkehr zulasten des Auftraggebers eintritt. Eine Teilabnahme nach § 12 Abs. 2 VOB/B ist nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung zulässig. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Leistungsteile selbstständig und von anderen Teilleistungen aus demselben Bauvertrag unabhängig bestehen können und für sich allein gebrauchsfähig sind. Diese Voraussetzung ist nur in Ausnahmefällen gegeben.

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