I. Allgemeines

1. Bedeutung der Verkehrs-Rechtsschutzversicherung

 

Rz. 286

Im Bereich des Verkehrsrechts – wie in keinem anderen Rechtsgebiet – findet sich der größte Anteil rechtsschutzversicherter Mandanten. Das hängt damit zusammen, dass die Verkehrs-Rechtsschutzversicherung separat von Automobilclubs (wie ADAC, ACE) und zunehmend von Kfz-Haftpflichtversicherern durch ein einfaches Kreuz auf dem Versicherungsantrag zur Kraftfahrtversicherung angeboten wird. Daher wird – nicht zuletzt auch wegen der verhältnismäßig geringen Prämie – die Verkehrs-Rechtsschutzversicherung häufig gesondert abgeschlossen.

 

Rz. 287

Die Rechtsschutzversicherung spielt somit für den im Verkehrsrecht tätigen Anwalt eine große Rolle. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten, im Bereich des Verkehrsrechts relevanten Grundsätze der Rechtsschutzversicherung angesprochen und Tipps zur Abwicklung mit dem Rechtsschutzversicherer gegeben werden.

2. Unterschiedliche Bedingungswerke

 

Rz. 288

Grundsätzlich besteht auch im Bereich der Rechtsschutzversicherung aufgrund der zunehmenden Verwendung von Individualklauseln die Notwendigkeit, sich zur Anspruchsprüfung stets den Versicherungsschein sowie die konkreten zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) vorlegen zu lassen.

 

Rz. 289

Aufgrund der Verbreitung wird nachfolgend grundsätzlich von den ARB 94 ausgegangen, soweit keine gesonderte Erwähnung erfolgt. Diese sind ohnehin bis auf wenige Ausnahmen (die erforderlichenfalls deutlich gemacht werden) identisch mit den ARB 2000 und (trotz VVG-Reform) ARB 2008. Allerdings können bei der folgenden Darstellung nur jeweils die Verbandsempfehlungen des GDV Berücksichtigung finden (Musterbedingungen).

 

Rz. 290

 

Beachte

Die individuell dem Vertrag zugrunde liegenden ARB können hier nicht berücksichtigte Abweichungen enthalten. Auch aus diesem Grund sind die individuellen Bedingungen stets zu prüfen!

3. Vertragsschluss, Obliegenheiten, VVG-Reform 2008

 

Rz. 291

Da Probleme des Vertragsschlusses im Bereich der Rechtsschutzversicherung in der Praxis kaum eine Rolle spielen und sich auch die praktische Relevanz von Obliegenheiten etc. – und damit auch der VVG-Reform 2008 – in Grenzen hält, wird auf eine diesbezügliche Darstellung verzichtet und insoweit auf das Kapitel Rechtsschutzversicherung von Schneider, in: van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 7. Auflage 2017, verwiesen.

II. Rechtsbeziehungen bei der Rechtsschutzversicherung

1. Dreiecksverhältnis zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und Anwalt

 

Rz. 292

 

Rz. 293

Die Rechtsbeziehungen bei der Rechtsschutzversicherung sind durch ein klassisches Dreiecksverhältnis gekennzeichnet. Wie aus dem Bereicherungsrecht im Dreiecksverhältnis bekannt, gibt es ein Valutaverhältnis (zwischen Versicherungsnehmer und Rechtsanwalt) einerseits sowie ein Deckungsverhältnis (zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer) andererseits.

2. Folgen des Dreiecksverhältnisses

a) Rechtswirkungen der Deckungszusage

 

Rz. 294

Soweit der Rechtsanwalt beim Rechtsschutzversicherer eine Deckungszusage einholt, tut er dies rechtlich lediglich im Deckungsverhältnis im Namen seines Mandanten als Versicherungsnehmer. Dementsprechend wird auch die Deckungszusage rechtlich lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer erteilt, welche der Rechtsanwalt (Wissenserklärungsvertreter) im Namen des Versicherungsnehmers entgegennimmt. Daraus folgt bereits, dass der Rechtsanwalt selbst aus der Deckungszusage keinerlei Rechte herleiten kann. Durch diese wird lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer bestätigt, Deckungsschutz zu gewähren und ihn von entsprechenden versicherten Kosten freizustellen.

b) Rechtswirkungen der Zahlung des Rechtsschutzversicherers an den Anwalt

 

Rz. 295

Rechnet der Rechtsanwalt seine Kosten unmittelbar gegenüber dem Rechtsschutzversicherer ab, so geschieht rechtlich zweierlei:

Der Rechtsanwalt macht im Valutaverhältnis seinen Honoraranspruch gegenüber dem Mandanten geltend.
Der Versicherungsnehmer macht im Deckungsverhältnis – vertreten durch den Rechtsanwalt – seinen Freistellungsanspruch aus dem Versicherungsvertrag hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten geltend.
 

Rz. 296

Gleicht sodann der Rechtsschutzversicherer die Kostennote aus, so handelt es sich rechtlich um eine Leistung über das Dreieck, was für eine eventuell erforderliche Rückabwicklung wichtig ist:

Der Rechtsschutzversicherer erfüllt seine Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag (Deckungsverhältnis), den Versicherungsnehmer von den Rechtsanwaltskosten freizustellen – Leistung des Versicherers an den Versicherungsnehmer.
Der Rechtsschutzversicherer erfüllt bezogen auf das Valutaverhältnis für den Mandanten die Honorarforderung des Rechtsanwalts – Leistung des Versicherungsnehmers an den Rechtsanwalt.
 

Rz. 297

Für die Rückabwicklung bedeutet dieses doppelte Leistungsverhältnis über den Versicherungsnehmer, dass rechtlich keine Leistung des Rechtsschutzversicherers an den Rechtsanwalt erbracht wird, sondern des Versicherers an den Versicherungsnehmer und zugleich des Versicherungsnehmers an den Anwalt.

c) Folgen im Falle der Insolvenz des Versicherungsnehmers

 

Rz. 298

 

Vorsicht

Aufgrund dieses doppelten Leistungsverhältnisses besteht auch im Falle der Insolvenz lediglich ein Anspruch des Anwalts aus der Insolvenzmasse, während der Versicherungsanspruch des Versicherungsnehmers auf Freistellung in die Masse fällt und der Befriedigung aller Gläubiger dient. Ein § 110 VVG in der Haftpflichtversicherung vergleichbares Pri...

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