Rz. 376

Die von der vorgenannten Klausel verlangte "richtige" Kostenquote entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Maßgeblich ist das Verhältnis des angestrebten zum erzielten Ergebnis, wobei das rechnerische Verhältnis entscheidend ist, während Aspekte wie die Erfolgsaussichten bzw. das Prozessrisiko irrelevant sind (BGH VersR 1982, 391). Es ist vielmehr das "wirtschaftliche Endergebnis" gegenüber dem Ursprungsbegehren zu betrachten (BGH a.a.O.).

 

Rz. 377

Was der BGH unter dem "wirtschaftlichen Endergebnis" versteht, soll an folgendem Fall verdeutlicht werden:

 

Beispiel

Der Käufer eines Pkw begehrt aufgrund von Fahrzeugmängeln die Rückabwicklung des Kaufvertrages (Rückzahlung des Kaufpreises von 20.000 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw). Die Parteien schließen sodann einen Vergleich, wonach der Käufer vom Verkäufer 2.000 EUR als Minderungsbetrag erhält.

 

Rz. 378

Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein, von einem angestrebten Ergebnis entsprechend dem Streitwert der Klage von 20.000 EUR (Rückzahlung Kaufpreis) sowie einem erzielten Ergebnis von 2.000 EUR (Minderungsbetrag) auszugehen. Dann ergäbe sich ein Obsiegen zu lediglich 10 %, sodass eine Kostenregelung möglich wäre, wonach der Käufer als Versicherungsnehmer 90 % der Kosten zu tragen hat (entsprechend dem Unterliegen).

 

Rz. 379

Der BGH hat in der genannten zentralen Entscheidung (BGH VersR 1982, 391) jedoch darauf hingewiesen, dass das gesamte "wirtschaftliche Endergebnis" zu betrachten ist. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Käufer im Falle seines Erfolgs mit der Klage Zug um Zug seinen Pkw hätte zurückgeben müssen. Das heißt, sein Vermögen hätte sich im Falle des Erfolgs mit der Klage lediglich um 20.000 EUR Kaufpreisrückzahlung abzgl. des Werts des mangelhaften Kfz vermehrt. Geht man z.B. davon aus, dass der Wert des mangelfreien Fahrzeugs dem Kaufpreis von 20.000 EUR entspricht und der Wert des Fahrzeugs aufgrund der Mängel lediglich 18.000 EUR beträgt, hätte der Käufer – wirtschaftlich betrachtet – vollständig obsiegt.

 

Rz. 380

Denn im Falle des Obsiegens mit der Klage hätte er 20.000 EUR erhalten und das mangelhafte Fahrzeug im Wert von 18.000 EUR zurückgegeben, sodass sich sein Vermögen um 2.000 EUR vermehrt hätte. Aufgrund des Vergleichs erhält er 2.000 EUR und behält das mangelhafte Fahrzeug (im Wert von 18.000 EUR), sodass sich sein Vermögen ebenfalls um 2.000 EUR vermehrt.

 

Rz. 381

Aufgrund des wirtschaftlich vollständigen Obsiegens wäre somit nach den Anforderungen der ARB im Vergleich eine Kostenregelung zu treffen, wonach der Gegner die Kosten vollständig trägt.

 

Rz. 382

 

Hinweis

Es versteht sich nahezu von selbst, dass eine solche Kostenregelung in der Praxis nicht durchsetzbar wäre, abgesehen von dem Problem, den Wert des mangelhaften und des mangelfreien Fahrzeugs kaum realistisch bestimmen zu können. Es bleibt daher allein, einen Vergleich hinsichtlich der Kostenregelung mit dem Rechtsschutzversicherer abzustimmen, notfalls durch einen Widerrufsvorbehalt.

Sonst bleibt nur die Möglichkeit, die Kostenregelung im Vergleich ausdrücklich offen zu lassen, um eine Kostenentscheidung durch das Gericht gem. § 91a ZPO zu erreichen (vgl. dazu Rdn 374).

 

Rz. 383

Auf die Begrenzung der Kostenübernahme soll sich der Rechtsschutzversicherer nach Treu und Glauben dann nicht berufen können, wenn er nicht auf die rechtzeitige Information des Versicherungsnehmers reagiert, dass ein Vergleich mit Widerrufsvorbehalt geschlossen wurde und ohne ausdrückliche Weisung des Versicherers der Widerruf nicht erfolgen werde (OLG Köln VersR 2007, 101 = r+s 2007, 19).

 

Rz. 384

 

Tipp

Es sollte ein gerichtlicher Vergleich stets nur unter Widerrufsvorbehalt geschlossen werden, um den Vergleichstext durch den Rechtschutzversicherer im Hinblick auf die Kostenverteilung genehmigen zu lassen. Erst wenn die diesbezügliche Sicherheit hergestellt ist, sollte ein Gerichtsvergleich wirksam werden. Anderenfalls droht dem Anwalt der Regress!

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