Rz. 27

Für den vom Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer zu erbringenden Nachweis einer Einwilligung des Geschädigten gilt der Beweismaßstab des § 286 ZPO. Die Rechtsprechung verlangt keine absolute Gewissheit oder eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, ebenso wenig eine mathematisch lückenlose Gewissheit,[44] die ohnehin bei einem Indizienbeweis kaum zu erlangen ist. Vielmehr genügt nach der bekannten Formel des BGH "ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen."[45]

 

Rz. 28

Nach ständiger Rechtsprechung reicht daher die Feststellung typischer Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen.[46] Dabei kommt es nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist stets die Werthaltigkeit der Indizien in ihrer Gesamtschau und nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände, die für sich betrachtet auch als unverdächtig erklärt werden können.[47]

 

Rz. 29

Freilich müssen die einzelnen Hilfstatsachen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein.[48] Ebenfalls sind im Rahmen der fallbezogenen Gesamtwürdigung sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu berücksichtigen. Daraus entsteht, wie es das OLG Köln anschaulich formuliert hat, ein Mosaik, welches im Gesamtbild erkennen lässt, ob ein Unfall fingiert ist.[49] Liegen massive Belastungsindizien für die Annahme einer Unfallmanipulation vor, bedarf es u.U. nicht mehr der Einholung eines Gutachtens zu der Frage, ob die geltend gemachten Schäden auch kompatibel auf das streitige Ereignis zurückgeführt werden können.[50]

[44] BGH, Urt. v. 13.12.1977 – VI ZR 206/75 – juris; OLG Dresden, Urt. v. 11.6.2019 – 4 U 150/19 – juris; OLG Köln, Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16 – juris; OLG Köln, Urt. v. 18.10.2013 – 19 U 78/13 – juris.
[45] BGH, Urt. v. 28.1.2003 – VI ZR 139/02 = NJW 2003, 1116; BGH, Urt. v. 4.11.2003 – VI ZR 28/03 = NJW 2004, 777; OLG Hamm, Urt. v. 13.5.2019 – 6 U 144/17 – juris; OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.6.2015 – 7 U 167/14 – juris; OLG München, Urt. v. 8.3.2013 – 10 U 3241/12 – juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2009 – I-1 U 209/07 – juris. OLG Köln, r+s 2010, 192 ff.; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.7.2010 – 22 U 14/10 = NZV 2010, 623.
[47] OLG Köln, Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16 – juris; OLG Köln, Urt. v. 8.5.2015 – 19 U 47/13 – juris; KG Berlin, Beschl. v. 7.9.2010 – 12 U 210/09 – juris; OLG München, Urt. v. 8.3.2013 – 10 U 3241/12 – juris.
[48] BGH, Urt. v. 28.3.1989 – VI ZR 232/88 = NJW 1989, 3161, 3162; OLG München, Urt. v. 8.3.2013 – 10 U 3241/12 – juris; OLG Hamm, Urt. v. 15.10.2007 – 6 U 2/07 = NZV 2008, 91, 92.
[49] OLG Köln, Urt. v. 22.4.2015 – I-11 U 154/15 – juris.

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