Rz. 97

In bestimmten Fällen ist noch ein weiterer Betrag in den zu zahlenden Teil des geringsten Gebotes aufzunehmen, nämlich der Ausgleichsbetrag gem. § 182 Abs. 2 ZVG. Er soll einen Ausgleich unter den Miteigentümern für den Fall gewährleisten, dass mehrere Miteigentumsanteile unterschiedlich hoch belastet sind.

 

Rz. 98

 

Beispiel (vgl. Rdn 19)

Eigentümer des Versteigerungsobjektes sind M und F zu je ½ Anteil; Verkehrswert: 300.000 EUR; Belastung des Anteils des M: III/1 – 100.000 EUR; Der Anteil des F ist unbelastet; Verfahrenskosten: 5.000 EUR; Nebenleistungen u. Kosten III/1: 15.000 EUR; Miteigentümer M betreibt das Verfahren; Meistgebot im Termin: 60.000 EUR.

Gäbe es § 182 Abs. 2 ZVG nicht, würde ein zuschlagsfähiges Meistgebot vorliegen, da das Gebot (60 TEUR) unter Hinzurechnung des bestehen bleibenden Rechts III/1 (100 TEUR) 50 % des festgesetzten Verkehrswertes (= 150 TEUR) übersteigt (vgl. § 85a Abs. 1 ZVG). Im Verteilungstermin verbliebe nach Vorwegabzug der Kosten (5 TEUR) und der Zuteilung an den Gläubiger III/1 (15 TEUR) eine restliche Teilungsmasse (= Erlösüberschuss) von 40 TEUR, die der Auseinandersetzung der Miteigentümer unterliegen würde. Auch wenn F bei dieser Auseinandersetzung der Überschuss zugesprochen würde, wäre sie dennoch erheblich benachteiligt. Während M i. H. des Kapitals III/1 (100 TEUR) und der Kosten/Zinsen (15 TEUR) von seinen Verbindlichkeiten entlastet würde, bekäme F nur eine Barzuweisung von 40 TEUR.

§ 182 Abs. 2 ZVG schreibt für den Fall, dass bei der Aufstellung des geringsten Gebotes bei einem Anteil ein höherer Betrag zu berücksichtigen ist als bei einem anderen (hier 115 TEUR auf M und 0 EUR auf F) vor, dass sich das geringste Gebot um den zur Ausgleichung unter den Miteigentümern erforderlichen Betrag erhöht. Durch den Ausgleich müssen alle Miteigentumsanteile rechnerisch auf die (der Quote entsprechende relative) gleiche Belastungshöhe gebracht werden.

Im Beispielsfalle stellt das Gericht im Versteigerungstermin richtig folgendes geringste Gebot auf:

 
A. Bestehen bleibende Rechte:  
  III/1 – 100.000 EUR (auf dem ½ Anteil des M)  
B. Zu zahlender Teil:  
  1. Gerichtskosten 5.000 EUR
  2. Kosten/Nebenleistungen III/1 15.000 EUR
       
  3. Ausgleichsbetrag (§ 182 Abs. 2 ZVG) 115.000 EUR
      135.000 EUR

Das Gebot i.H.v. 60.000 EUR wäre vom Gericht sofort als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da es das geringste Gebot nicht zumindest erreicht hat (§ 44 Abs. 1 ZVG).

Ein Gebot in Höhe des vorstehend ermittelten geringsten Gebots ist bereits zuschlagsfähig, da es (135 TEUR + 100 TEUR = 235 TEUR) 50 % des festgesetzten Verkehrswertes deutlich übersteigt (§ 85a Abs. 1 ZVG).

Nach Abzug der Kosten und der durch Zahlung zu berichtigenden Ansprüche des Gläubigers III/1 stünden bei der Verteilung des Erlösüberschusses 115 TEUR für die Auseinandersetzung der Miteigentümer zur Verfügung. Da M durch den Zuschlag und die Erlösverteilung um 115 TEUR entlastet wurde, könnte F nun verlangen, dass der Erlösüberschuss an sie ausgezahlt wird, damit beide den gleichen Nutzen aus der Versteigerung ziehen. Aber Vorsicht: Bei dem Ausgleichsanspruch handelt es sich lediglich um einen Rechnungsposten, durch den eine gerechte Lösung erst möglich gemacht werden soll. Er impliziert nicht, dass der Eigentümer des geringer belasteten Anteils diesen auch erhält. Wer was erhält, ist ausschließlich Gegenstand der Auseinandersetzung der Miteigentümer. Führt die Auseinandersetzung nicht zu einem Ergebnis, muss letztendlich der Klageweg beschritten werden.

Das vorstehende Beispiel war infolge der unterschiedlichen Belastung gleich großer Miteigentumsanteile einfach zu lösen. Erheblich schwieriger wird es, wenn unterschiedlich große Miteigentumsanteile unterschiedlich hoch belastet sind.

 

Rz. 99

Dann ist für die Höhe des Ausgleichsbetrages nicht die tatsächlich eingetragene absolute Belastung maßgebend, sondern die Belastung in Relation zur Größe des Anteils (= relative Belastung). Die Berechnung wird nach der Freund'schen Formel[78] vorgenommen und geht in folgenden Schritten vor:

1. Die Belastungen sind sowohl bei den bestehen bleibenden Rechten als auch bei dem zu zahlenden Teil auf die Bruchteile nach deren Anteilsverhältnis aufzuteilen. Zuvor sind sämtl. Bruchteile auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen (z.B. 4/10, 3/10, 2/10 u. 1/10).
2. Die Summe der Ansprüche auf jedem Anteil wird durch den Bruchteilszähler (4, 3, 2 oder 1) dividiert. Das ergibt die relative Belastung (hier je 1/10 Anteil).
3. Der danach relativ am stärksten belastete Anteil ist mit dem gemeinsamen Nenner (hier 10) zu multiplizieren.
4. Von dem Ergebnis ist der Gesamtbetrag des bisher ermittelten geringsten Gebotes (bestehen bleibende Rechte und zu zahlender Teil) abzuziehen. Die Differenz ist der gesuchte Ausgleichsbetrag.

Kurz: Der am stärksten belastete Anteil, vervielfacht mit dem gemeinsamen Nenner ergibt nach Abzug der bestehen bleibenden Rechte und des bis dahin ermittelten zu zahlenden Teils (des g.G.) den Ausgleichsbetrag.[7...

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