Rz. 304

Die beklagte Partei kann den gegen sie geltend gemachten Anspruch in jeder Lage des Verfahrens ganz[199] oder teilweise[200] anerkennen, wenn der geltend gemachte Anspruch in diesem Umfange begründet ist oder eine Rechtsverteidigung aus sonstigen Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

 

Rz. 305

 

Hinweis

Unter Geltung des RVG muss der Rechtsanwalt allerdings prüfen, ob die Abgabe eines Anerkenntnisses bei einer begründeten Klage den Interessen des Mandanten gerecht wird. In vielen Fällen ist es kostengünstiger statt eines Anerkenntnisses ein Versäumnisurteil ergehen zu lassen. Da es hierzu keine allgemeine Regel gibt, muss die Kostenfrage in jedem Einzelfall zur Vermeidung eines Haftungsfalls geprüft werden.[201] Die kostenrechtliche Betrachtung muss dann auch die Möglichkeit der Erfüllung des Klageanspruchs mit anschließender Erledigung des Rechtsstreits und einer Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO sowie eine vereinbarte Klagerücknahme umfassen.

 

Rz. 306

Das Anerkenntnis ist in § 307 ZPO geregelt, der durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz zum 1.9.2004 geändert und neu gefasst wurde. Wesentlich ist, dass das Antragserfordernis entfallen ist und es zum Erlass eines Anerkenntnisurteils auch keiner mündlichen Verhandlung mehr bedarf, wenn das Anerkenntnis außerhalb des schriftlichen Vorverfahrens, etwa nach einer Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, erklärt wird.

[199] Muster eines vollständigen Anerkenntnisses im schriftlichen Vorverfahren unter Rdn 657, 658, 658 und 658.
[200] Muster eines Teilanerkenntnisses im schriftlichen Vorverfahren unter Rdn 659.
[201] Focken/Marten, MDR 2005, 850; Jungbauer, FuR 2005, 155; König, NJW 2005, 1243; Richert/Schröder, NJW 2005, 2187.

1. Die drei Möglichkeiten eines Anerkenntnisses

 

Rz. 307

Soll ein Anspruch ganz oder teilweise anerkannt werden, sind nach dem insoweit einschlägigen § 307 ZPO zwei Grundkonstellationen zu unterscheiden:

Erklärt der Beklagte auf die gerichtliche Anordnung des schriftlichen Verfahrens und die Aufforderung, seine Verteidigungsbereitschaft binnen einer Notfrist von zwei Wochen gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erklären, dass er den Anspruch ganz oder teilweise anerkennt, so ist er ohne mündliche Verhandlung dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
Wird dagegen zunächst die Verteidigungsanzeige abgegeben und danach Verhandlungstermin anberaumt, so kann der Anspruch nach § 307 ZPO in der mündlichen Verhandlung ganz oder teilweise anerkannt werden, so dass ein entsprechendes Anerkenntnisurteil ergehen kann.
 

Rz. 308

Eine dritte – nicht unmittelbar in § 307 ZPO geregelte – Verfahrensweise ergibt sich aus der Neufassung des § 307 ZPO: Gibt der Beklagte zunächst die Verteidigungsanzeige ab, erkennt er jedoch nachfolgend schriftlich den geltend gemachten Klageanspruch ganz oder teilweise an, so konnte bis zum 1.9.2004 über dieses Anerkenntnis durch Urteil nur in der mündlichen Verhandlung oder mit Zustimmung der Parteien auch im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden werden. Nunmehr ist die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 307 S. 2 ZPO der gesetzliche Regelfall, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 128 Abs. 2 ZPO mehr bedarf.

 

Rz. 309

 

Hinweis

Soweit der Beklagte im schriftlichen Vorverfahren den Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt[202] hat und damit allein nur noch über die Kosten zu entscheiden ist, konnte schon bisher nach § 128 Abs. 3 ZPO ohne Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

 

Rz. 310

 

Tipp

Obwohl die Neuregelung des § 307 ZPO nun bei den Rechtsanwälten und Gerichten hinreichende Beachtung gefunden hat, enthalten die Klageschriften vielfach immer noch Anträge nach dem nicht mehr existenten § 307 Abs. 2 ZPO a.F. und noch immer werden einige Anerkenntnisurteile tatsächlich nur auf Antrag und nach Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung erlassen. Deshalb sollte bei Terminsbestimmung auf die Neuregelung ausdrücklich hingewiesen werden, damit eine regelmäßig nicht erforderliche mündliche Verhandlung und der damit verbundene Zeit- und Kostenaufwand vermieden wird.

 

Rz. 311

Das Anerkenntnis kann nur so weit gehen, wie die Parteien über den Streitgegenstand verfügen können. In Familien-, Kindschafts- und Unterhaltssachen ist deshalb die Möglichkeit des prozessualen Anerkenntnisses eingeschränkt. So ist in Ehe- und Kindschaftssachen nach § 113 Abs. 4 Nr. 6 FamFG ein Anerkenntnis ausgeschlossen.

 

Rz. 312

 

Hinweis

Insbesondere die Anerkennung der Vaterschaft im Prozess nach § 180 FamFG kann mithin nicht zu einem Anerkenntnisurteil führen.[203]

 

Rz. 313

Der Beklagte hat verschiedene Möglichkeiten, sein Anerkenntnis zu erklären:

zunächst kann er den Klageanspruch in vollem Umfang anerkennen,[204]
er kann den Klageanspruch auch in der Weise anerkennen, dass er sich allein gegen die Kostenlast verwahrt und eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO erstrebt, soweit er der Auffassung ist, keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben zu haben,[205]
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