Rz. 448

§ 240 ZPO ordnet an, dass das Verfahren unterbrochen wird, wenn es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, welches zur Insolvenzmasse gehört, kommt. Die Unterbrechung dauert an, bis das Verfahren nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wurde oder das Insolvenzverfahren beendet ist. Der Prozess muss zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens allerdings bereits rechtshängig, die Klage also zugestellt gewesen sein.[299] Eine nach der Insolvenzeröffnung erfolgte Zustellung einer Klage an den Insolvenzschuldner ist wirksam und begründet ein Prozessrechtsverhältnis zu ihm; der Rechtsstreit wird nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.[300] Der Beklagte muss also seine Passivlegitimation bestreiten, der Kläger die Klage ggf. zurücknehmen und gegen den Insolvenzverwalter richten bzw. die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. § 240 ZPO gilt auch in der Zwangsvollstreckung und den dortigen Klagen, insbesondere für die Vollstreckungsgegenklage.[301] Dagegen nicht für das Klauselerteilungsverfahren, welches die Zwangsvollstreckung lediglich vorbereitet.[302]

 

Rz. 449

 

Hinweis

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann nicht nur zur Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens, sondern auch zur Unterbrechung von Nebenverfahren, wie etwa des Kostenfestsetzungsverfahrens,[303] führen. Dies gilt auch, wenn das Insolvenzverfahren erst zu einem Zeitpunkt eröffnet wird, in dem sich die Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz befindet, für das Kostenfestsetzungsverfahren über die Kosten erster Instanz.[304] Etwas anderes soll allerdings nach bestrittener Auffassung für ein Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe jedenfalls dann gelten, wenn dieses entscheidungsreif ist.[305] Der BGH hat entschieden, dass die Feststellung der streitgegenständlichen Forderung zur Insolvenztabelle § 240 ZPO trotz des noch nicht endgültig abgeschlossenen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten weder einer Entscheidung über die noch rechtshängige Nichtzulassungsbeschwerde noch einer abschließenden Kostenentscheidung entgegensteht.[306]

 

Rz. 450

Wurde eine Forderung gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht, die nunmehr als Insolvenzforderung zu behandeln ist, so muss der Kläger als Gläubiger zunächst am Insolvenzverfahren gem. § 87 InsO teilnehmen. Der Gläubiger muss also die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Erst wenn diese bestritten wird, kann er den Rechtsstreit aufnehmen, §§ 134, 180, 174, 189 InsO.

 

Rz. 451

 

Hinweis

Der Rechtsstreit wird nach der Aufnahme dann aber als Feststellungsklage fortgeführt,[307] so dass der Kläger seinen Klageantrag entsprechend anpassen muss.[308] Der Klageantrag geht dahin festzustellen, dass die streitige Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen ist.

 

Rz. 452

Eine Unterbrechung findet nach § 240 S. 2 ZPO auch schon statt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

 

Rz. 453

 

Hinweis

Dies bedeutet, dass keine Unterbrechung nach § 240 ZPO stattfindet, wenn zwar ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, dem Schuldner jedoch nur ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegt wurde.[309]

 

Rz. 454

 

Tipp

Ob dem Schuldner die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis entzogen oder lediglich ein Zustimmungsvorbehalt auferlegt wurde, ergibt sich aus dem Eröffnungsbeschluss. Diesen kann der Gläubiger einsehen, soweit ihm nicht eine entsprechende Veröffentlichung vorliegt, aus der sich die notwendigen Informationen ergeben. Dabei kann er auf das elektronische Verzeichnis unter www.insolvenzbekanntmachungen.de zurückgreifen.

 

Rz. 455

Soweit gegen eine Partei im Ausland das Insolvenzverfahren eröffnet wird und im Inland gegen diese Partei ein Prozess geführt wird, wird das Verfahren gleichwohl gem. § 240 ZPO unterbrochen.[310]

 

Rz. 456

Erforderlich ist, dass sich das Insolvenzverfahren gegen das Vermögen der am Prozess beteiligten Partei richtet. Allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen eine am Prozess wirtschaftlich interessierte oder vom Prozess wirtschaftlich betroffene natürliche oder juristische Person genügt nicht.

 

Rz. 457

 

Hinweis

Entscheidet das erstinstanzliche Gericht durch Zwischenurteil, dass eine Unterbrechung des Verfahrens wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gem. § 17 AnfG oder § 240 ZPO eingetreten sei, kann der Kläger die Entscheidung wie ein Endurteil mit der Berufung anfechten, soweit er geltend macht, der erhobene Anspruch betreffe nicht die Insolvenzmasse und sei nicht auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsgesetz gerichtet.[311]

 

Rz. 458

Die Unterbrechung nach § 240 ZPO endet:

wenn das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung gem. § 200 Abs. 1 InsO aufgehoben wird,
wenn der Insolvenzplan nach § 258 Abs. 1 InsO bestätigt wird,
wenn der Eröffnungsbeschluss nach § 34 Abs. 3 InsO aufgehoben wird,
wenn das Verfahren nach den §§ 207216 InsO eingestellt wird,
durch die wirksame[312] Aufnahme ...

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