Rz. 334

In erster Instanz ist der Erlass eines Anerkenntnisurteils durch die allgemeine Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 KVGKG abgegolten. Wird ein umfassendes Anerkenntnisurteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe erlassen, so ermäßigen sich die drei gerichtlichen Verfahrensgebühren nach Nr. 1211 Nr. 2 KVGKG auf eine Gebühr.

 

Rz. 335

Streitig ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Beklagte die Forderung in der Hauptsache zwar gänzlich anerkennt, sich jedoch gegen die Kostenlast verwahrt.

 

Rz. 336

Nach der einen Auffassung kommt eine Ermäßigung nur dann in Betracht, wenn das gesamte Verfahren durch das Anerkenntnisurteil beendet wird, d.h. einschließlich der Kostenentscheidung.[225] Hierfür spricht, dass auch bei der Erledigung der Hauptsache und bei der Klagerücknahme nach Nr. 1211 Nr. 1 und 4 KVGKG nur dann eine Kostenprivilegierung eintritt, wenn die Entscheidung nicht zu begründen ist. Da das Anerkenntnisurteil nicht ohne Gründe bleibt, wenn eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu treffen ist, spricht auch der Wortlaut der Nr. 1211 Nr. 2 KVGKG für diese Auffassung. Eine Kostenprivilegierung könnte analog Nr. 1211 Nr. 1 und 4 KVGKG nur dann in Betracht gezogen werden, wenn sich die Parteien auch hier auf eine Kostenregelung verständigen und diese dem Gericht mitteilen.

 

Rz. 337

Nach anderer Auffassung ist allein entscheidend, dass das Anerkenntnis die Hauptsache gänzlich umfasst. Wird demnach der Klageanspruch allein unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt, so greift gleichwohl die Ermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 2 KVGKG.[226] Für diese Auffassung kann allenfalls angeführt werden, dass der Wortlaut von Nr. 1211 Nr. 2 KVGKG nur verlangt, dass das Anerkenntnisurteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe ergeht und formaljuristisch hiervon die Entscheidung über die Kosten nach §§ 91, 93 ZPO zu trennen ist. Dem Sinn der gesetzlichen Regelung und dem Willen des Gesetzgebers dürfte dies allerdings nicht entsprechen.

 

Rz. 338

Wird lediglich ein Teilanerkenntnis abgegeben, kommt dagegen nach allgemeiner Auffassung die Kostenermäßigung nicht mehr in Betracht, vielmehr bleibt es bei den drei vollen Gerichtsgebühren.

 

Rz. 339

Wird das Anerkenntnis nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen nach § 307 i.V.m. § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO abgegeben, so handelt es sich gleichwohl um ein Anerkenntnis, welches nach § 307 S. 2 ZPO nicht mehr in der mündlichen Verhandlung wiederholt werden muss. Vielmehr kann ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren ergehen.

 

Rz. 340

 

Hinweis

Davon ist allerdings die Frage zu unterscheiden, ob es sich bei einem solchen Anerkenntnis noch um ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO handelt. Diese Frage ist umstritten. Einerseits wird die Annahme eines sofortigen Anerkenntnisses abgelehnt,[227] während nach anderer Auffassung ein sofortiges Anerkenntnis auch noch nach Ablauf der Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO möglich sein soll.[228] Der BGH hat in zwei Entscheidungen auch noch ein sofortiges Anerkenntnis angenommen, wenn der Kläger zunächst ein entgegenstehendes Zurückbehaltungsrecht nicht beachtet hat[229] oder die Klage zunächst unschlüssig[230] war.

 

Rz. 341

Der Rechtsanwalt erhält bei einem Anerkenntnisurteil zunächst die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.

 

Rz. 342

 

Tipp

Die 1,2-Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV – die zunächst durch ein offensichtliches gesetzgeberisches Versehen[231] § 307 ZPO nicht angepasst wurde – auch dann, wenn das Gericht von § 307 S. 2 ZPO Gebrauch macht und ein Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung erlässt. Inzwischen ist dies in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 auch ausdrücklich klargestellt. Gerade aus diesem Grunde ist für den Mandanten ein Versäumnisurteil in der Regel – aber nicht immer – günstiger, da bei einem Versäumnisurteil die Terminsgebühr häufig – aber ebenso nicht in jedem Fall – nur als 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV anfällt.

 

Rz. 343

Ein Teilanerkenntnisurteil führt nicht zur Kostenermäßigung nach Nr. 1211 KVGKG. Allerdings kann dies bei subjektiver Klagehäufung zu einer Berücksichtigung in der Kostenquote führen, wenn das Anerkenntnis einen – dann ausscheidenden – von mehreren Streitgenossen betrifft.[232] Umstritten ist, ob dies auch dann der Fall ist, wenn über das Teilanerkenntnis hinaus der verbleibende Teil des Rechtsstreits übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Zum Teil wird hier eine Kostenermäßigung für richtig gehalten,[233] während nach anderer Auffassung die Privilegierung nicht greift, weil der Privilegierungstatbestand nicht vollständig erfüllt ist.[234]

 

Rz. 344

 

Hinweis

Umstritten ist auch, ob neben der Erklärung des Anerkenntnisses auch die Erfüllung des Anspruchs (z.B. Zahlung auf eine Geldschuld) erforderlich ist, was von der h.M. jedoch abgelehnt wird.[235]

[225] OLG Hamm AGS 2002, 138; OLG Karlsruhe JurBüro 2001, 374; OLG Hamburg MDR 2000, 111; LG Magdeburg JurBüro 2004, 325; Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 307 Rn 14.
[226] OLG Koblenz, AG kompakt 2012, ...

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