Rz. 307

Soll ein Anspruch ganz oder teilweise anerkannt werden, sind nach dem insoweit einschlägigen § 307 ZPO zwei Grundkonstellationen zu unterscheiden:

Erklärt der Beklagte auf die gerichtliche Anordnung des schriftlichen Verfahrens und die Aufforderung, seine Verteidigungsbereitschaft binnen einer Notfrist von zwei Wochen gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erklären, dass er den Anspruch ganz oder teilweise anerkennt, so ist er ohne mündliche Verhandlung dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
Wird dagegen zunächst die Verteidigungsanzeige abgegeben und danach Verhandlungstermin anberaumt, so kann der Anspruch nach § 307 ZPO in der mündlichen Verhandlung ganz oder teilweise anerkannt werden, so dass ein entsprechendes Anerkenntnisurteil ergehen kann.
 

Rz. 308

Eine dritte – nicht unmittelbar in § 307 ZPO geregelte – Verfahrensweise ergibt sich aus der Neufassung des § 307 ZPO: Gibt der Beklagte zunächst die Verteidigungsanzeige ab, erkennt er jedoch nachfolgend schriftlich den geltend gemachten Klageanspruch ganz oder teilweise an, so konnte bis zum 1.9.2004 über dieses Anerkenntnis durch Urteil nur in der mündlichen Verhandlung oder mit Zustimmung der Parteien auch im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden werden. Nunmehr ist die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 307 S. 2 ZPO der gesetzliche Regelfall, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 128 Abs. 2 ZPO mehr bedarf.

 

Rz. 309

 

Hinweis

Soweit der Beklagte im schriftlichen Vorverfahren den Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt[202] hat und damit allein nur noch über die Kosten zu entscheiden ist, konnte schon bisher nach § 128 Abs. 3 ZPO ohne Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

 

Rz. 310

 

Tipp

Obwohl die Neuregelung des § 307 ZPO nun bei den Rechtsanwälten und Gerichten hinreichende Beachtung gefunden hat, enthalten die Klageschriften vielfach immer noch Anträge nach dem nicht mehr existenten § 307 Abs. 2 ZPO a.F. und noch immer werden einige Anerkenntnisurteile tatsächlich nur auf Antrag und nach Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung erlassen. Deshalb sollte bei Terminsbestimmung auf die Neuregelung ausdrücklich hingewiesen werden, damit eine regelmäßig nicht erforderliche mündliche Verhandlung und der damit verbundene Zeit- und Kostenaufwand vermieden wird.

 

Rz. 311

Das Anerkenntnis kann nur so weit gehen, wie die Parteien über den Streitgegenstand verfügen können. In Familien-, Kindschafts- und Unterhaltssachen ist deshalb die Möglichkeit des prozessualen Anerkenntnisses eingeschränkt. So ist in Ehe- und Kindschaftssachen nach § 113 Abs. 4 Nr. 6 FamFG ein Anerkenntnis ausgeschlossen.

 

Rz. 312

 

Hinweis

Insbesondere die Anerkennung der Vaterschaft im Prozess nach § 180 FamFG kann mithin nicht zu einem Anerkenntnisurteil führen.[203]

 

Rz. 313

Der Beklagte hat verschiedene Möglichkeiten, sein Anerkenntnis zu erklären:

zunächst kann er den Klageanspruch in vollem Umfang anerkennen,[204]
er kann den Klageanspruch auch in der Weise anerkennen, dass er sich allein gegen die Kostenlast verwahrt und eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO erstrebt, soweit er der Auffassung ist, keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben zu haben,[205]
der Beklagte kann sich auch darauf beschränken, einen Teil des Klageanspruchs anzuerkennen.[206]
 

Rz. 314

 

Hinweis

Auf dieses Teilerkenntnis kann ein Teilanerkenntnisurteil ergehen, soweit die Voraussetzungen für ein Teilurteil vorliegen, d.h. ein selbstständiger Teilanspruch anerkannt wird. Der Beklagte kann ein solches Teilanerkenntnis auch im Sinne eines Anerkenntnisses im Urkundenprozess[207] unter dem Vorbehalt seiner Rechte im Nachverfahren erklären, wenn der durch Urkunden belegten Klageforderung zwar Einwendungen entgegenstehen, der Beklagte diese aber nicht seinerseits mit Urkunden belegen kann.

 

Rz. 315

 

Tipp

Ein Anerkenntnis zum Anspruchsgrund empfiehlt sich nicht. Besondere Kostenvorteile sind hiermit nicht verbunden. Demgegenüber hat ein solches Anerkenntnis aber Nachteile in der Prozessführung und kann bei Abgrenzungsfragen zwischen dem Grund und der Höhe auch einschränken. Insoweit sollte allenfalls mitgeteilt werden, dass "derzeit keine Einwendungen zum Anspruchsgrund erhoben werden".

 

Rz. 316

Der Beklagte kann den Klageanspruch auch Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung anerkennen.[208]

 

Rz. 317

Das Anerkenntnis bindet den Beklagten grundsätzlich als Prozesserklärung. Ein Widerruf ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Er kommt in Betracht bei:

einem Rechtsmissbrauch,
dem Vorliegen eines Restitutionsgrundes nach § 580 ZPO,
dem Vorliegen eines Abänderungsgrundes nach § 323 ZPO.[209]
 

Rz. 318

Wird seitens des Gerichts kein schriftliches Vorverfahren angeordnet, sondern früher erster Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, so kann das Anerkenntnis in diesem Termin erklärt werden oder aber auch schon zuvor zur Ersparung eines solchen Termins in einem Schriftsatz.

 

Rz. 319

Ein sofortiges Anerkenntnis liegt allerdings nur...

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