Rz. 352

Nach der für die Praxis sehr wichtigen Regelung des § 5 Abs. 3 b ARB trägt der Rechtsschutzversicherer nicht die Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.

 

Rz. 353

Diese Regelung ist an die Stelle von § 2 Abs. 3 a Alt. 1 ARB 75 getreten, wonach bei einer "gütlichen Erledigung" für die Kostenverteilung das "Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen" entscheidend ist. Mit der wohl einhelligen Meinung[317] ist jedoch davon auszugehen, dass mit der Formulierungsänderung im Ergebnis keine Veränderung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Klausel verbunden ist.

 

Rz. 354

Sinn und Zweck der Klausel ist es, "unnötige" Kostenzugeständnisse des Versicherungsnehmers zulasten der Versichertengemeinschaft zu vermeiden, die dieser dem Gegner macht, um ihn zu einem weiteren Entgegenkommen in der Hauptsache zu veranlassen.[318] Es sollen daher in Anlehnung an § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO auch bei einer vergleichsweisen Regelung die Kosten so verteilt werden, wie sie das Gericht den Parteien bei einem entsprechenden Urteil auferlegt hätte.[319] Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Klausel sich – ebenso wie die Kostenentscheidung im Urteil – auf sämtliche, d.h. auch bereits vor der Einigung entstandene Anwalts- und Gerichtskosten bezieht.[320]

Neuerdings wird in Frage gestellt, ob die Klausel dem Transparenzgebot standhält. So hat das LG Hagen[321] § 5 Abs. 3 b ARB wegen Intransparenz insgesamt für unwirksam erklärt, der BGH hat die Klausel jedoch bestätigt.[322]

[317] Bauer, NJW 1995, 1390, 1393; Rex, VersR 1996, 24; Sperling, VersR 1996, 133; van Bühren, SpV 2001, 69, 70; Böhme, Anh. IV S. 579; Harbauer-Bauer, § 5 ARB 2000 Rn 191.
[318] Prölss/Martin-Armbrüster, § 5 ARB 2010 Rn 49; Harbauer-Bauer, § 5 ARB 2000 Rn 192; van Bühren, SpV 2001, 69, 70; BGH VersR 1977, 809; OLG Hamm VersR 1999, 1276 = NJW-RR 1999, 1403; LG Konstanz zfs 1998, 70; AG Köln zfs 1988, 248.
[319] Harbauer-Bauer, § 5 ARB 2000 Rn 192; BGH VersR 1977, 809; OLG Hamm VersR 1999, 1276.
[320] OLG Hamm VersR 1999, 1276; LG Berlin VersR 1989, 799; Prölss/Martin/Armbrüster, § 5 ARB 2010 Rn 49; VersR-Hdb/Obarowski, § 37 Rn 258; Schneider, Rn 285; Wendt, r+s 2012, 209, 219 geht auch von einem entsprechenden Verständnis des BGH aus; a.A. OLG Hamm VersR 2005, 1142.
[321] LG Hagen r+s 2008, 190 mit zust. Anm. van Bühren.
[322] BGH VersR 2006, 404 sowie jüngst BGH VersR 2011, 1005 und BGH VersR r+s 2013, 71.

a) Anwendbarkeit der Klausel

 

Rz. 355

Die Klausel ist in erster Linie anwendbar beim Abschluss gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleiche.[323] Ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB liegt auch dann vor, wenn die Parteien eines auf ein Bescheidungsurteil gerichteten öffentlich-rechtlichen Rechtsstreits sich auf die Aufhebung eines bestehenden Widerspruchsbescheides sowie die einseitige Verpflichtung zur Neubescheidung einigen.[324] Streitig ist allerdings, ob die Klausel darüber hinaus auch beim lediglich einseitigen Nachgeben bzw. Sich-zufrieden-geben des Versicherungsnehmers bzw. des Gegners anzuwenden ist.[325]

 

Rz. 356

 

Beispiel

Der Gegner hat den wesentlichen Teil der Forderungen reguliert und der Versicherungsnehmer nimmt von einer Weiterverfolgung Abstand, ohne dass es zu einem Vergleichsschluss kommt. Bei dieser Sachlage wird argumentiert, wegen des faktisch (nahezu) vollständigen Obsiegens des Versicherungsnehmers gem. § 5 Abs. 3 b ARB habe der Rechtsschutzversicherer keine Kosten zu tragen und der Versicherungsnehmer eventuelle Vorschüsse zurückzuzahlen.

 

Rz. 357

Aus dem einhelligen Ziel der Vorschrift, "unnötige" Kostenzugeständnisse des Versicherungsnehmers zulasten der Versichertengemeinschaft zu vermeiden, ergibt sich jedoch, dass die Klausel über den Hauptanwendungsfall des Vergleichs hinaus nur dann eingreifen kann, wenn eine – ausdrückliche oder konkludente[326] – Regelung über die Kosten erfolgt ("Zugeständnis"). Eine solche ist durch Vertrag oder auch einseitig durch Verzicht des Versicherungsnehmers denkbar. Falls sich demgegenüber der Versicherungsnehmer keinerlei (eventueller) Kostenerstattungsansprüche begibt, ist die Klausel nicht anzuwenden. Im Ergebnis muss in diesen Fällen der Rechtsschutzversicherer zur uneingeschränkten Leistung verpflichtet bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Gegenseite bestehen. Der Versicherer kann sodann entscheiden, inwieweit eventuelle Kostener­stattungsansprüche aus übergegangenem Recht weiterhin geltend gemacht werden sollen. Der Versicherungsnehmer hat ihn gem. § 17 Abs. 8 S. 2 ARB bei der Durchsetzung zu unterstützen. Allein diese Auslegung wird dem Ziel der Rechtsschutzversicherung gerecht, grundsätzlich dem Versicherungsnehmer auch das Risiko der Realisierbarkeit von Kostenerstattungsansprüchen ­abzunehmen.[327] Jün...

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