1. Gerichtsbeschluss

 

Rz. 43

Die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbeschluss (§ 127 ZPO). Das Gericht setzt darin die zu zahlenden Monatsraten sowie die etwa aus dem Vermögen zu zahlenden Beträge fest (§ 120 Abs. 1 ZPO). Eine spätere Änderung der Entscheidung für den Fall, dass sich die für die PKH maßgebenden persönlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, ist gem. § 120 Abs. 4 ZPO möglich.

 

Rz. 44

Das Gericht soll gem. § 124 Abs. 1 ZPO die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

 
1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2. die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3. die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4. die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5. die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.
 

Rz. 45

Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung aufgrund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint. Hierdurch soll vermieden werden, dass auf Staatskosten unnötige teure Beweisaufnahmen durchgeführt werden.

2. PKH für jede Instanz gesondert

 

Rz. 46

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt gem. § 119 ZPO für jede Gerichtsinstanz gesondert, so dass mehrfache PKH-Anträge in einem durch mehrere Instanzen gehenden Rechtsstreit möglich sind. Für die Bewilligung im höheren Rechtszug gelten die gleichen Grundsätze wie für die Bewilligung in erster Instanz, mit einer Ausnahme: sofern der jeweilige Gegner das Rechtsmittel eingelegt und den Rechtsstreit in die nächste Instanz gebracht hat, entfällt für den PKH-Antragsteller, bspw. den Berufungsbeklagten, das Erfordernis des Nachweises der Erfolgsaussicht seiner Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung sowie die Überprüfung der eventuellen Mutwilligkeit (§ 119 Abs. 1 S. 2 ZPO), da er ja die 1. Instanz schon gewonnen hat.

3. Beiordnung eines Rechtsanwalts

 

Rz. 47

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe allein hat zur Folge, dass die Staatskasse die Gerichtskosten, Sachverständigenkosten und Zeugenauslagen übernimmt. Erst die Beiordnung eines Rechtsanwalts führt jedoch dazu, dass auch die Rechtsanwaltskosten des Antragstellers von der Staatskasse übernommen werden. Man beantragt daher nicht nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sondern zugleich auch die Beiordnung eines bestimmten Anwalts/einer bestimmten Anwältin oder der Kanzlei. Sofern eine Vertretung durch Rechtsanwälte vorgeschrieben ist (§ 78 ZPO), wird der Partei auf Antrag i.d.R. im PKH-Bewilligungsbeschluss gem. § 121 ZPO außerdem ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. Soweit kein Anwaltszwang besteht, wird der Partei auf ihren Antrag hin ein Rechtsanwalt beigeordnet, sofern die Gegenseite anwaltlich vertreten ist oder wenn die anwaltliche Vertretung (angesichts der Schwierigkeit oder des Prozessumfangs) erforderlich erscheint. Besonders in Zwangsvollstreckungsverfahren kommt es in der Praxis häufig dazu, dass zwar die PKH bewilligt wird, aber die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird mit der Begründung, der Antragsteller könne ja die Vollstreckungsmaßnahmen selbst in Auftrag geben/beantragen.

 

Rz. 48

Im Normalfall werden nur im jeweiligen Gerichtsbezirk niedergelassene Rechtsanwälte beigeordnet; ausnahmsweise kann auch ein auswärtiger Rechtsanwalt beigeordnet werden, solange dadurch keine höheren Kosten entstehen (§ 121 Abs. 3 ZPO), da derartige Mehrkosten auch von einer vermögenden Partei normalerweise vermieden würden. In solchen Fällen erfolgt die Beiordnung oft einschränkend "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen RA". Mit einer derartig eingeschränkten Beiordnung ist gemeint, dass die Staatskasse Reisekosten oder Abwesenheitsgelder nicht erstatten wird.

 

Rz. 49

Grundsätzlich ist jeder Rechtsanwalt gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verpflichtet, die Vertretung einer Partei zu übernehmen, wenn er im Wege der PKH beigeordnet wurde. Nur bei Vorliegen wichtiger Gründe kann eine Entbindung von dem Mandat beantragt werden (§ 48 Abs. 2 BRAO).

4. Umfang der Beiordnung

 

Rz. 50

Der Umfang der Beiordnung des Rechtsanwalts ist neben der Befugnis, in dieser Sache...

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