Rz. 81

Grundsätzlich hat die gem. § 121 ZPO erfolgte Beiordnung des Rechtsanwalts zur Auswirkung, dass der Rechtsanwalt Vergütungsansprüche nicht gegen die Partei geltend machen kann, der er beigeordnet wurde, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, wie der Rechtsanwalt dennoch die Differenz zwischen PKH-Anwalts- und Wahlanwaltsvergütung abrechnen kann. Hierzu im Nachfolgenden mehr.

a) Differenzvergütung

 

Rz. 82

Wie bereits weiter oben dargelegt (Rdn 68) kann der Rechtsanwalt die Gebühren, die er im PKH-Bewilligungsverfahren aus der "normalen" Tabelle verdient hat, nicht mit der Mandantschaft abrechnen, da das Verfahren auf Bewilligung von PKH und das Verfahren, für das PKH bewilligt worden ist, nach § 16 Nr. 2 RVG dieselbe Angelegenheit darstellen. Der Anwalt darf jedoch nach § 15 Abs. 2 RVG in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal abrechnen. Differenzgebühren, die sich dadurch ergeben, dass die 1,0 Verfahrensgebühr nach der Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG höher ist als eine 1,3 Verfahrensgebühr nach der Tabelle zu § 49 RVG, darf der Rechtsanwalt ebenfalls mit seiner Mandantschaft nicht abrechnen, da er insoweit die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beachten muss.

b) Vorschuss

 

Rz. 83

Hat der beigeordnete Rechtsanwalt von seinem Mandanten oder einem Dritten einen Vorschuss oder eine Zahlung vor oder nach der Beiordnung erhalten, so kann er diesen Vorschuss zunächst auf die Vergütung anrechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht, vgl. dazu § 58 Abs. 2 RVG.

 

Rz. 84

Die Vorschusszahlung durch den Auftraggeber kann damit die Differenzvergütungsansprüche des Rechtsanwalts (Differenz zwischen Wahlanwalts- und PKH-Anwaltsgebühren) sichern. Übersteigt ein Vorschuss oder eine geleistete Zahlung die Differenz, so mindert sich um diesen übersteigenden Betrag der Anspruch des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse.

 

Beispiel:

Auftraggeber Schmitz beauftragt RA Treffer, Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Klageverfahrens wegen Zahlung eines Betrags von 18.200,00 EUR zu beantragen. Die Prozesskostenhilfe wird bewilligt. RA Treffer wird antragsgemäß beigeordnet. Schmitz hat einen Vorschuss von 400,00 EUR geleistet. Die Klage wird eingereicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wird die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert. Die Klage wird abgewiesen. RA Treffer rechnet mit der Staatskasse nach § 45 RVG wie folgt ab:

a) Gegenstandswert: 18.200,00 EUR, § 2 Abs. 1 RVG

 
1,3 Verfahrensgebühr  
(§§ 2 Abs. 2, 49 RVG) Nr. 3100 VV RVG 453,70 EUR
1,2 Terminsgebühr  
(§§ 2 Abs. 2, 49 RVG) Nr. 3104, Vorbem. 3.3.6 VV RVG 418,80 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 892,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 169,58 EUR
Summe 1.062,08 EUR

Der Vorschuss kann auf die Differenz zwischen Wahlanwalts- und PKH-Anwaltsgebühren verrechnet werden.

Wahlanwaltsgebühren:

b) Gegenstandswert: 18.200,00 EUR, § 2 Abs. 1 RVG

 
1,3 Verfahrensgebühr  
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3100 VV RVG 904,80 EUR
1,2 Terminsgebühr  
(§§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 1 RVG) Nr. 3104 VV RVG 835,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.760,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 334,40 EUR
Summe 2.094,40 EUR
PKH-Anwaltsgebühren siehe unter a) ./. 1.062,08 EUR
Differenz zwischen PKH-Anwalts- und Wahlanwaltsgebühren: 1.032,32 EUR

Der Vorschuss kann daher voll einbehalten werden, da er nur 400,00 EUR betragen hat und somit die Differenz nicht übersteigt!

 

Rz. 85

Würde der Vorschuss im obigen Fall beispielsweise 1.100,00 EUR betragen, so würde der RA diesen Vorschuss einbehalten, die Staatskasse würde aber von den zu erstattenden Gebühren in Höhe von 1.062,08 EUR den Teil des Vorschusses in Abzug bringen, der die Wahlanwaltsgebühren übersteigt.

Berechnung dann: Differenz zwischen PKH-Anwalts- und Wahlanwaltsgebühren = 1.032,32 EUR. Vorschuss = 1.100,00 EUR, übersteigender Teil somit 67,68 EUR. Die Staatskasse würde also nur noch 1.062,08 EUR abzüglich 67,68 EUR = 994,40 EUR erstatten.

Ergebnis: Der RA würde also auch mit Vorschuss des Mandanten, unabhängig davon, wie hoch dieser ist, insgesamt nicht mehr als die Wahlanwaltsgebühren erhalten.

c) Weitere Vergütung, § 50 RVG

 

Rz. 86

Muss eine Partei Ratenzahlungen leisten, so leistet sie diese an die Staatskasse (Bundeskasse bei Verfahren vor Bundesgerichten (z.B. BGH), Landeskasse, bei Verfahren vor Gerichten des Landes (Amts-, Land- oder Oberlandesgerichte). Maximal muss eine Partei 48 Monate lang Raten zahlen, auch wenn die von der Staatskasse übernommenen Kosten nach Ablauf dieser Zeit noch nicht vollständig bezahlt sind, § 115 Abs. 2 S. 4 ZPO.

 

Rz. 87

Die Staatskasse übernimmt (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):

Kosten des beigeordneten RA,
Gerichtskosten,
Sachverständigenkosten,
Zeugengebühren etc.
 

Rz. 88

In einigen Fällen hat der Antragsteller weniger als 48 Monate lang Raten bezahlt und die von der Staatskasse übernommenen Kosten sind schon voll gedeckt. Es ist nicht einzusehen, warum ein Rechtsanwalt für eine geringe PKH-Vergütung tätig w...

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