Rz. 158

Mit dem Eintritt des Nacherbfalls hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein; die Erbschaft fällt dem Nacherben an. Der Vorerbe muss die der Nacherbschaft unterliegenden Gegenstände an den Nacherben herausgeben.

 

Rz. 159

Der nicht befreite Vorerbe hat den Nachlass in dem Zustand herauszugeben, der sich bei einer fortgesetzt ordnungsgemäßen Verwaltung ergibt (§ 2130 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung löst Schadensersatzansprüche des Nacherben aus.

Der befreite Vorerbe muss die Gegenstände in dem Zustand weitergeben, der sich im Zeitpunkt des Nacherbfalls ergibt (§ 2138 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Herausgabeanspruch umfasst auch sämtliche Surrogate (§ 2111 BGB).

 

Rz. 160

Auf Verlangen ist der nicht befreite Vorerbe gegenüber dem Nacherben verpflichtet, über seine Verwaltung Rechenschaft abzulegen (§§ 2130 Abs. 2, 259 BGB). Die Rechenschaftslegung erfolgt in der Vorlage einer detaillierten, übersichtlichen, in sich verständlichen Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben. Auch die Fortentwicklung der Vorerbschaft ist aufzuzeigen, die bloße Belegvorlage reicht nicht aus.[90] Bei Unvollständigkeit besteht ein Ergänzungsanspruch.[91] Da der Vorerbe hier verpflichtet ist, Rechenschaft abzulegen, geht seine Verpflichtung weit über die Erteilung einer Auskunft hinaus.

Der befreite Vorerbe hat demgegenüber keine Rechenschaftspflicht. Er muss lediglich ein Bestandsverzeichnis erstellen (§§ 2130 Abs. 1, 260 BGB).

 

Rz. 161

Herauszugeben sind ferner auch weitere Dinge wie Urkunden, die der Vorerbe in Bezug auf die Erbschaftsgegenstände erlangt hat, nicht aber Nutzungen, die während der Dauer der Vorerbschaft angefallen sind.

 

Rz. 162

Für Klageverfahren zuständig ist das Prozessgericht. Auch hier sind Stufenklagen denkbar, etwa auf

Auskunft über den Bestand des Nachlasses einschließlich der Surrogate;
eidesstattliche Versicherung;
Herausgabe der Nachlassgegenstände;
ggf. Zustimmung zur Eintragung des Nacherben als Eigentümer im Grundbuch;
unmittelbare Besitzeinräumung am Grundstück.
 

Rz. 163

Bei einem nicht befreiten Vorerben würde der Antrag zu Ziffer 1 nicht lediglich auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gehen, sondern auf Rechenschaftslegung über die Verwaltung des Nachlasses durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und der Ausgaben sowie der vorhandenen Belege.

 

Rz. 164

Der Wert des Auskunftsanspruchs dürfte nach § 3 ZPO auf 1/10 bis ¼ des Hauptanspruchs geschätzt werden.

[90] OLG Köln v. 17.2.1989 – 20 U 103/88, NJW RR 1989, 528 (zu einem Treuhandverhältnis).
[91] BGH v. 3.7.1984 – X ZR 34/83, NJW 1984, 2822.

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