Rz. 6

Hier ist der Fall denkbar, dass ein potentieller Erbe, mutmaßlich ein gesetzlicher Erbe, davon erfährt, dass "sein" Erblasser eine Erbfolge anordnet, die ihn als gesetzlichen Erben ausschließt. Nicht alle gesetzlichen Erben akzeptieren das, insbesondere dann nicht, wenn auf Seiten der potentiellen Erben die Vermutung besteht, dass der Erblasser bei der Testierung schon testierunfähig war.

In aller Regel wird die Feststellungsklage eines potentiellen Erben gegen eine letztwillige Verfügung zu Lebzeiten des Erblassers unzulässig sein, weil die Erbeinsetzung sich generell als Erwerbschance darstellt und keine gesicherte Rechtsposition vermittelt. Es wird als Verstoß gegen die Menschenwürde einzustufen sein, wenn ein Erblasser schon zu Lebzeiten mit Prozessen in Bezug auf mögliche Testierungen belästigt und überzogen werden soll. Schließlich darf man nicht verkennen, dass ein Zivilprozess grundsätzlich öffentlich geführt wird, letztwillige Verfügungen haben aber in aller Regel nicht-öffentlich und geheim zu bleiben, so dass auch hierin ein Grund gefunden werden kann, derartige Klage für unzulässig zu halten.

Ein so "betroffener" gesetzlicher Erbe müsste sich wohl darauf beschränken, Materialien und Zeugenaussagen zu sammeln, um nach dem Erbfall im Erbscheinsverfahren eine bessere Ausgangslage zu haben, die Testierunfähigkeit des Erblassers noch beweisen zu können. Ob allerdings eine heimlich durchgeführte psychiatrische Begutachtung hier weiterhilft, dürfte fraglich sein. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu heimlich eingeholten Vaterschaftstests[5] bestehen erhebliche Zweifel an der Verwertbarkeit derartiger Gutachten.

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