a) Die Verfahrensgebühr, Nrn. 3200, 3201 i.V.m. Vorb. 3.2.1 Nr. 2b VV RVG

 

Rz. 7

Die Verfahrensgebühr 2. Instanz entsteht unter den gleichen Voraussetzungen wie die Verfahrensgebühr 1. Instanz, also durch die Beauftragung und die erste Tätigkeit des Anwalts, die der Beschwerde zuzuordnen ist (z.B. Studium des Ersturteils, Informationsentgegennahme für die 2. Instanz, Überlegungen über die Aussichten des Rechtsmittels).

 

Rz. 8

Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten "zwischen den Instanzen": Beratung, ob und wann ein Rechtsmittelanwalt beauftragt werden soll, Auswahl und Beauftragung des Beschwerdeanwalts, Stellungnahmen zum gegnerischen Verlängerungsgesuch, Überwachung der Fristwahrung durch die Gegenseite, auch Auskünfte, welche Rechtsmittel zulässig sind. Wenn der Anwalt, der diese Tätigkeiten ausübt, (noch) nicht mit der Beschwerde beauftragt ist, werden diese Tätigkeiten von der Verfahrensgebühr 1. Instanz abgegolten, sie gehören zum Rechtszug, § 19 Nr. 9 RVG ist anwendbar. Übt dagegen der bereits mit der Beschwerde beauftragte Anwalt diese Tätigkeiten aus, sind sie von der für das Beschwerdeverfahren anfallende Verfahrensgebühr abgegolten.[4] Wenn der Anwalt in der 1. Instanz nicht mandatiert war und für die 2. Instanz auch noch nicht mandatiert ist, sondern nur beraten soll, fällt die Gebühr gem. § 34 RVG oder Nr. 2300 VV RVG an.[5] (Zur Prüfung der Erfolgsaussichten einer Beschwerde vgl. unten Rdn 18).

[4] Im Einzelnen vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 19 RVG Rn 85 ff.; AnwK-RVG/Wolf/Mock/Volpert/N. Schneider/Fölsch/Thiel, § 19 RVG Rn 86.
[5] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 3200 Rn 13 ff.

b) Die Terminsgebühr

aa) Nrn. 3202, 3203 i.V.m. Vorb. 3.2.1 Nr. 2b VV RVG

 

Rz. 9

Die Terminsgebühr 2. Instanz fällt unter den gleichen Bedingungen an wie die Terminsgebühr 1. Instanz. Sie entsteht bereits durch die Wahrnehmung eines Termin i.S.d. Vorb. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG. Wenn eine Beschwerde beschränkt oder ganz zurückgenommen werden soll, muss die Beschränkung oder Rücknahme also vor Beginn des Termins, d.h. vor dem Aufruf der Sache erfolgen, weil andernfalls die Terminsgebühr nicht ganz oder teilweise gespart werden kann. Vom Beginn des Termins an sind die Gebühren des Rechtsmittelgegners (und des Rechtsmittelführers) bereits durch die Wahrnehmung des Termins angefallen (Terminsbeginn: § 220 Abs. 1 ZPO).[6] Es bedarf nicht der Antragstellung oder der Erörterung. Ist der Schriftsatz mit der (völligen oder teilweisen) Rücknahme der Berufung bei Gericht eingegangen, soll das genügen. Die Rücknahme soll dem Gegner nicht bekannt sein müssen.[7] Mit Recht wird aber demgegenüber darauf hingewiesen[8] dass schon nach der BRAGO die damalige Prozessgebühr erstattungsfähig war, wenn der Anwalt von der schon erfolgten Rücknahme durch den Gegner nichts wusste. Daher wird – mit Recht – geraten, weiterhin vorsorglich den Rücknahme- oder Beschränkungsschriftsatz der Gegenseite schon vor dem Termin zuzustellen.[9] Wird dem erschienenen Antragsgegnervertreter vom Gericht nur erklärt, der Termin finde nicht mehr statt, weil der Antrag zurückgenommen wurde, ist die Sache nicht in diesem Sinn aufgerufen, eine Terminsgebühr ist nicht angefallen.[10] Anders soll es sein, wenn der Anwalt seine Vertretungsbereitschaft nach dem Aufruf der Sache erklärt und erst dann ihn der Richter über die Rücknahme informiert.[11]

[6] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Vorb. 3 Rn 90; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, VV Vorb. 3 Rn 130.
[7] KG RVGreport 2006, 281, 149.
[8] Hansens, RVGreport 2006, 149 f.
[9] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 96.
[10] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 93.
[11] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV Vorb. 3 Rn 93, 95.

bb) Terminsgebühr und Versäumnisbeschluss in der 2. Instanz, Nr. 3203 VV RVG

 

Rz. 10

Eine Versäumnisentscheidung gibt es in den Ehesachen und Familienstreitsachen, § 139 FamFG; § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 539 ZPO. Eine Herabsetzung der Terminsgebühr (Nr. 3203 VV RVG) findet nur statt, wenn es der Rechtsmittelführer ist, der nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Ist dagegen der Rechtsmittelgegner nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten, erhält der anwesende Vertreter des Rechtsmittelführers die Gebühr von 1,2 ungekürzt.

cc) Terminsgebühr ohne Termin in der 2. Instanz?

 

Rz. 11

Nrn. 3202, 3104 VV RVG setzen die obligatorische mündliche Verhandlung voraus.

Die Zivilprozesssachen und die FG-Verfahren im Verbund hatten in 1. Instanz die obligatorische mündliche Verhandlung; für die 2. Instanz gilt § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG aber auch S. 2; in den Fällen des S. 2 kann das Oberlandesgericht von einer mündlichen Verhandlung absehen.

Die h.M. schließt aus diesen Möglichkeiten des Beschwerdegerichts, dass Zivilprozesssachen und FG-Sachen im Verbund in der 2. Instanz keine obligatorische mündliche Verhandlung kennen, so dass die Terminsgebühr ohne Termin i.S.d. Nrn. 3202, 3104 VV RVG von vornherein ausscheidet.[12]

Bei den selbstständigen FG-Verfahren gilt zwar § 68 Abs. 3 S. 1, § 32 Abs. 1 FamFG, verbunden mit der Streitfrage, ob die Soll-Vorschriften zu einer obligatorischen mündlichen Verhandlung führen und ob die mündliche Verhandlung identisch mit dem Erörterungstermin ist (vgl. § 5 Rdn 31 f.), aber eben auch § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG.

Möglich ist auch in 2. Instanz die Terminsgebühr ...

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