Rz. 139

Nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht eine Terminsgebühr, wenn das Gericht in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Im erstinstanzlichen Verfahren ist hiermit der Fall des § 128 Abs. 2 ZPO gemeint. Nach § 128 Abs. 1 ZPO ist im erstinstanzlichen Verfahren grundsätzlich mündlich zu verhandeln. Im Einverständnis der Parteien kann das Gericht jedoch auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

 

Rz. 140

Voraussetzung ist eine Entscheidung. Dabei muss es sich nicht um eine Endentscheidung handeln. Vielmehr genügt jede Entscheidung, durch die die beabsichtigte Endentscheidung wesentlich sachlich vorbereitet wird, nicht jedoch eine Entscheidung zur Prozess- und Sachleitung.[66]

 

Rz. 141

Erforderlich ist, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufgrund des Einverständnisses der Parteien im Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ergeht. Soweit das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet, weil es hierzu ohnehin nicht des Einverständnisses der Parteien bedarf, entsteht keine Terminsgebühr. Gegebenenfalls muss genau geprüft werden, auf welche Grundlage das Gericht seine Entscheidung gestützt hat. Das Kostenrecht folgt insoweit immer dem Prozessrecht. Es kommt also nicht darauf an, ob das Gericht auch aus anderen Gründen ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden können, sondern nur darauf, worauf das Gericht seine Befugnis gestützt hat, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Ebenso wie eine Terminsgebühr anfällt, wenn in einem gerichtlichen Termin verhandelt worden ist, obwohl eine mündliche Verhandlung gar nicht erforderlich gewesen wäre, entsteht die Terminsgebühr auch dann, wenn das Gericht das Gericht im Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entscheidet, obwohl es auch aus anderen Gründen ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden dürfen.

 

Beispiel 73: Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, Urteil

Nach Klageerhebung (Wert: 5.000,00 EUR) ordnet das Gericht mit Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO an und entscheidet durch Urteil.

Nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV erhält der Anwalt die gleichen Gebühren wie bei mündlicher Verhandlung. Es entsteht also neben der 1,3-Verfahrensgebühr die volle 1,2-Terminsgebühr.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   434,20 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   400,80 EUR
  (Wert: 5.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 855,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   162,45 EUR
Gesamt   1.017,45 EUR
 

Rz. 142

 

Beispiel 74: Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, Beweisbeschluss, Zeugenvernehmung

Nach Klageerhebung (Wert: 5.000,00 EUR) ordnet das Gericht mit Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO an und erlässt nach Ablauf des von ihm bestimmten Tages, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können (§ 128 Abs. 2 S. 1 ZPO), einen Beweisbeschluss, wonach mehrere Zeugen vernommen werden sollen. Hiernach wird die Klage zurückgenommen.

Bei der Entscheidung i.S.d. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV muss es sich nicht um eine Endentscheidung handeln. Auch eine die Endentscheidung vorbereitende Entscheidung, wie z.B. ein Beweisbeschluss, reicht aus.

Abzurechnen ist wie im vorherigen Beispiel 73.

 

Rz. 143

 

Beispiel 75: Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, Beweisbeschluss Sachverständigengutachten

Nach Klageerhebung (Wert: 5.000,00 EUR) ordnet das Gericht mit Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO an und erlässt nach Ablauf des von ihm bestimmten Tages, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können (§ 128 Abs. 2 S. 1 ZPO), einen Beweisbeschluss, wonach ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll. Hiernach wird die Klage zurückgenommen.

Zwar hätte der Beweisbeschluss auch vor einer mündlichen Verhandlung erlassen – und hier sogar durchgeführt – werden können, sodass er an sich keiner mündlichen Verhandlung bedarf (§ 358a ZPO); hier ist er aber im schriftlichen Verfahren ergangen, der mündlichen Verhandlung gleichsteht, sodass die Terminsgebühr angefallen ist.

Abzurechnen ist wie im Beispiel 73.

 

Rz. 144

 

Beispiel 76: Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, Hinweisbeschluss

Nach Klageerhebung (Wert: 5.000,00 EUR) ordnet das Gericht mit Einverständnis der Parteien das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO an und erlässt nach Ablauf des von ihm bestimmten Tages, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können (§ 128 Abs. 2 S. 1 ZPO) einen Hinweisbeschluss. Hiernach wird die Klage zurückgenommen.

Da es sich bei der Entscheidung i.S.d. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nicht um eine Endentscheidung handeln muss, reicht auch ein Hinweisbeschluss aus. Dass ein Hinweisbeschluss keine mündliche Verhandlung voraussetzt, ist unerheblich, da das Gericht nun einmal im Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZP...

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