Rz. 18

Hierunter werden im Wesentlichen drei Fallgruppen verstanden:

objektiv gerechtfertigtes Misstrauen,
Feindschaft,
Interessengegensatz.
 

Praxishinweis

Bei der Testamentsvollstreckung handelt es sich um ein sehr individuelles erbrechtliches Gestaltungsmittel. Entsprechend einzelfallbezogen erscheint daher die Rechtsprechung. Der geschäftsmäßige Testamentsvollstrecker ist daher gut beraten, sich einen Überblick über die in der Rechtsprechung vorherrschenden Tendenzen zu verschaffen, um sich nicht unnötigen Risiken in der Auseinandersetzung mit den Erben auszusetzen.

Beispiele:

Es stellt eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 2227 BGB dar, wenn der Testamentsvollstrecker durch Verwaltungsanordnungen im Testament zum Erhalt des Grundbesitzes verpflichtet ist, dennoch aber ein inländisches Grundstück verkauft, ohne zuvor einen Antrag nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB gestellt und ohne vorher den Erben unterrichtet oder angehört zu haben.[44]
Hat der Erblasser Testamentsvollstreckung nur für den Erbteil eines von zwei Miterben angeordnet und beantragt der unbelastete Miterbe die Entlassung des Testamentsvollstreckers, ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Entlassung im Lichte der unterschiedlichen Interessen des Antragstellers und des belasteten Miterben, der es bei der Testamentsvollstreckung belassen will, zu würdigen.[45]
Der Umstand, dass die in das Amt des Testamentsvollstreckers berufene Person zu einem zurückliegenden Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, reicht allein nicht ohne weiteres aus, um einen wichtigen Grund im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB bejahen zu können. Erforderlich ist vielmehr eine umfassende Würdigung aller Umstände im Hinblick auf eine objektive Gefährdung der Interessen der Erben.[46]
Ein Testamentsvollstrecker muss in das erstellende Nachlassverzeichnis auch solche Gegenstände und Verbindlichkeiten aufnehmen, deren Bestand und/oder Zugehörigkeit zum Nachlass zweifelhaft oder bestritten ist. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und kommt es deshalb zu einer fehlerhaften oder missverständlichen Information der Erben, kann ein Grund gegeben sein, der Zweifel an der Amtsführung des Testamentsvollstreckers begründet und seine Entlassung rechtfertigt.[47]
Legt der Testamentsvollstrecker den an ihn ausgezahlten Betrag aus einer Lebensversicherung, für die der Erblasser die Alleinerben der Tochter als Bezugsberechtigte bestimmt hatte, in der Weise an, dass er diesen Betrag sich selbst als zinsloses Darlehen gewährt, so kann das hieraus sich ergebende Misstrauen der Erben die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen.[48]
Unterbreitet der Testamentsvollstrecker den Erben konkrete Vorschläge zu einer im Testament ausgeschlossenen Nachlassauseinandersetzung, so liegt darin eine seine Entlassung aus dem Amt rechtfertigende grobe Pflichtverletzung auch dann, wenn die Erben ihn zur vorzeitigen Auseinandersetzung gedrängt hatten. Die Unterbreitung eines in hohem Maße eigennützigen Auseinandersetzungsvorschlags stellt eine grobe Pflichtverletzung und damit einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers dar.[49]
Die Erben können eine Abberufung des Testamentsvollstreckers selbst dann, wenn diesem kleinere Verfehlungen zur Last fallen, nicht verlangen, wenn sie dem Testamentsvollstrecker von vornherein keine Chance gegeben haben, sein Amt unter vernünftigen Bedingungen anzutreten und es ordnungsgemäß auszuüben[50] (Testamentsvollstreckermobbing).
Der wichtige Grund kann darin liegen, dass der Testamentsvollstrecker gezeigt hat, sein Verhalten nicht darauf ausrichten zu wollen, den kompletten Willen der Erblasserin, so wie er im Testament niedergelegt ist, umzusetzen, sondern sich einseitig und gegen die berechtigten Interessen der Erben darauf zu konzentrieren, den Nachlass im Sinne einer Ausgabenminimierung zu verwalten.[51]
Ein wichtiger Grund kann vorliegen, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein Verhalten den Eindruck hervorruft, er setze sich grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben hinweg, oder wenn ein Missbrauch des vom Erblasser in ihn gesetzten Vertrauens durch schwere Verfehlungen im Raume steht, die die Fortsetzung der Zusammenarbeit für die Beteiligten unzumutbar machen. Dies ist der Fall, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Testamentsvollstrecker seine Rechtsstellung dazu benutzt, sich aus der ihm anvertrauten Vermögensmasse ungerechtfertigt zu bereichern[52] (hartnäckiges eigennütziges Verhalten).
Spannungen und Feindschaft zwischen Testamentsvollstreckern.[53]
 

Rz. 19

Damit das Misstrauen der Erben objektiv gerechtfertigt ist, nimmt es keine Rücksicht auf subjektive Gefühlsmomente, sondern lediglich auf Tatsachen, z.B. die fehlende Sachlichkeit des Testamentsvollstreckers, unangemessene Reaktionen in Konfliktsituationen, das Unvermögen, mit negativen Gerichtsentscheidungen umzugehen oder die Verunglimpfung der Witwe.[54] Erfolgsfaktoren für ein gelungenes E...

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