Rz. 66

Der Ablauf des "normalen" Insolvenzverfahrens (Unternehmensinsolvenz) kann hier nicht im Detail dargestellt werden. Nur dessen Beginn ist kurz zu erörtern, weil er die Gemeinschaft mitunter vor brisante Fragen stellt.

 

Rz. 67

 

Beispiel

Das Objekt ist nicht fertig gestellt und es sind umfangreiche Restmängel vorhanden. Die Bauträger-GmbH ist noch Eigentümerin zahlreicher unverkaufter Einheiten. Der WEG-Verwalter erfährt von folgendem Beschluss des Amtsgerichts (Insolvenzgericht): "Im Verfahren über den eigenen Antrag der Bauträger-GmbH auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird zur Sicherung des Schuldnervermögens gem. § 21 Abs. 1 und 2 InsO vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird Rechtsanwalt Dr. Schlau bestellt. Es wird angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Weitere Rechte und Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters … (Einsichtnahme- und Betretungsrecht, Einzug von Forderungen und Entgegennahme eingehende Gelder, Verfügungsmacht über Konten usw.)". Der WEG-Verwalter fragt nach den Rechtsfolgen dieses Beschlusses.

 

Rz. 68

Der insolvenzrechtliche Hintergrund: Dem Insolvenzantrag folgt das Eröffnungsverfahren, das seinen Abschluss entweder mit der Ablehnung oder mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet. Das Insolvenzgericht setzt i.d.R. (und so auch Beispiel) einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein, der die Vermögensmasse des Schuldners sichern und prüfen soll, ob genügend Vermögen für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorhanden ist. Dieser vorläufige Insolvenzverwalter kann im gerichtlichen Beschluss mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet werden:

 

Rz. 69

Entweder wird angeordnet, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht; dann hat er eine ähnliche Stellung wie der endgültige Insolvenzverwalter und wird starker vorläufiger Insolvenzverwalter genannt. Das ist die Ausnahme.
Oder es wird angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bedürfen. Dann spricht man vom schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser ist die Regel.
 

Rz. 70

Im obigen Beispielsfall wurde ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Ein solcher Beschluss beinhaltet nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In rechtlicher Hinsicht hat er auf die Stellung des Schuldners in der Gemeinschaft keine Auswirkungen: Der Schuldner (im Beispiel: die Bauträger-GmbH) bleibt unverändert Miteigentümer mit allen Rechten und Pflichten; der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht für die WEG-Angelegenheiten zuständig.[101] Praktisch ändert sich aber doch einiges: Meistens wird der Schuldner kein Hausgeld bezahlen und sich auch sonst wenig um seine Einheiten kümmern. Wenn die Gemeinschaft die Titulierung gegen ihn einleitet, muss sie jederzeit mit der Insolvenzeröffnung und der dadurch eintretenden Verfahrensunterbrechung (→ § 12 Rdn 76) rechnen. Es liegt also ein misslicher Schwebezustand vor, der die WEG aber nicht von der Einleitung der Titulierung abhalten darf.

[101] Unverständlich daher LG Düsseldorf v. 5.4.2012 – 19 S 119/11, ZWE 2012, 337 betr. die Beschlussanfechtung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter.

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