Rz. 95

Die Wirksamkeit des Beschlusses bestimmt sich nach § 116 Abs. 3 S. 1, S. 2 FamFG; hiernach wird ein Beschluss – abweichend von der allgemeinen Vorschrift des § 40 Abs. 1 FamFG nicht mit Bekanntgabe –, sondern grundsätzlich erst mit Rechtskraft wirksam, es sei denn, das Gericht hat die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet.

 

Rz. 96

Nach § 120 Abs. 2 S. 1 FamFG sind Beschlüsse in Familienstreitsachen, da Endentscheidungen, mit Wirksamwerden vollstreckbar, sodass die Vollstreckung grundsätzlich den Eintritt der Rechtskraft voraussetzt. Diese Regelung weicht von der vollstreckungsrechtlichen Grundsatznorm des § 704 ZPO ab, nach der die Zwangsvollstreckung aus Endurteilen stattfindet, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind. Bei Familienstreitsachen kann bzw. soll das Gericht aber nach § 116 Abs. 3 S. 2, S. 3 FamFG die sofortige Wirksamkeit einer Entscheidung anordnen. Dann ist diese nach § 120 Abs. 2 S. 1 FamFG kraft Gesetzes vollstreckbar, eine Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit im Beschluss bedarf es nicht nur nicht, sie ist unzulässig.[133] Es gibt in Familiensachen – auch nicht in Familienstreitsachen - keine vorläufige Vollstreckbarkeit, eben weil die Vollstreckbarkeit in § 120 Abs. 2 S. 1 FamFG an das Wirksamwerden der Entscheidungen nach § 116 Abs. 2, Abs. 3 FamFG geknüpft wird.[134] § 116 Abs. 3 FamFG regelt mit § 120 Abs. 2 FamFG demnach "neues Konzept der Vollstreckbarkeit".[135]

 

Rz. 97

Aus dem Gesagten folgt:

Die Wirksamkeit des Beschlusses tritt gemäß § 116 Abs. 3 S. 1 FamFG grundsätzlich mit Rechtskraft ein, die gegenüber § 40 FamFG speziellere Vorschrift ist ohnehin gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG nicht anwendbar.
Die Rechtskraft des Beschlusses tritt entsprechend §§ 705, 706 ZPO ein, §§ 45, 46 S. 1, S. 2 FamFG gelten nicht. Allerdings ist bei Güterrechtsfolgesachen zu beachten, dass diese aufgrund der spezielleren und deshalb in ihrem Anwendungsbereich die §§ 705, 706 ZPO verdrängende Vorschrift des § 148 FamFG frühestens mit der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs wirksam werden.
Das neue Regelungskonzept verdrängt die §§ 708713 ZPO, diese sind auch in Familienstreitsachen nicht anwendbar.[136]
§ § 714720 ZPO sind entsprechend den Vorstellungen der Gesetzesverfasser und Gesetzgeber[137] nur eingeschränkt anwendbar. Bei der Anwendung und Auslegung ist zu berücksichtigen, dass wirksame Endentscheidungen in Familienstreitsachen automatisch und ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind.[138] Deshalb ist die Zwangsvollstreckung aus einem Beschluss, dessen sofortige Wirksamkeit angeordnet worden ist, uneingeschränkt und ohne eine § 720a ZPO entsprechende Einschränkung möglich.[139] Hingegen ist § 717 Abs. 2 ZPO entsprechend anwendbar, da Ihr Normzweck auch im vorliegenden Zusammenhang zutrifft; der Schuldner kann vom Vollstreckungsgläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Beschluss, aus dem vollstreckt wurde, aufgehoben oder abgeändert wird.
[133] MüKo-FamFG/Fischer, § 116 Rn 1, § 120 Rn 1, 7.
[134] MüKoFamFG/Fischer, § 120 Rn 7.
[135] Keidel/Weber, § 116 Rn 2.
[136] BT-Drucks 16/6308, 226; MüKo-FamFG/Fischer, § 120 Rn 8 ff.; Prütting/Helms/Helms, § 120 Rn 3.
[137] BT-Drucks 16/6308, 226.
[138] BT-Drucks 16/6308, 226.
[139] Giers, FamRB 2009, 87.

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