Rz. 140

Häufig[179] wird für die Beurteilung, ob ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel "nicht rechtzeitig vorgebracht" wurde, nicht zwischen Ehesachen und Familienstreitsachen differenziert und als Maßstab einheitlich entsprechend § 282 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die allgemeine Verfahrensförderungspflicht genannt. Das ist nicht zutreffend und auch nicht sachgerecht, da gemäß § 113 Abs. 4 Nr. 3 FamFG die Vorschriften über das schriftliche Vorverfahren (§ 276 ZPO) und die Bestimmung von Fristen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung (§§ 275, 277 ZPO) allein in Ehesachen keine Anwendung finden- in Familienstreitsachen sind die Vorschriften hingegen anwendbar. In Ehesachen ist deshalb der einschlägige Maßstab für die Beurteilung der Verspätung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln die allgemeine Verfahrensförderungspflicht entsprechend § 282 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG. Eine Fristsetzung und damit zugleich eine Präzisierung der allgemeinen Verfahrensförderungspflicht, ist in Ehesachen allein entsprechend § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (die Vorschrift ist auch in Ehesachen anwendbar, siehe oben Rn 76) möglich.

 

Rz. 141

Demgegenüber bestehen zur Feststellung einer Verspätung in Familienstreitsachen weitere Möglichkeiten. Schließlich finden auf diese die allgemeinen Vorschriften der ZPO über den frühen ersten Termin und das schriftliche Vorverfahren- und damit zugleich die hierdurch gegebenen Möglichkeiten zur Fristsetzung-Anwendung, entsprechend §§ 272 ff. ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG.[180]

 

Rz. 142

Handelt es sich bei der Güterrechtssache um eine Folgesache darf kein früher erster Termin bestimmt und das schriftliche Vorverfahren nicht angeordnet werden, da sie gemäß § 137 Abs. 1 FamFG zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln sind. Freilich können auch hier entsprechend § 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG für die Klageerwiderung und die Replik Fristen gesetzt werden.[181] Die Präklusion richtet sich dann allein nach § 115 S. 1 FamFG.

[179] Keidel/Weber, § 115 Rn 4; MüKo-FamFG/Fischer, § 115 Rn 8; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 115 Rn 6; Musielak/Borth/Borth, § 115 Rn 5.
[180] Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 8 f.; Abweichend Haußleiter/Fest, § 115 Rn 5, der zwar § 273 Abs. 2 ZPO für entsprechend anwendbar hält, nicht jedoch die §§ 275, 276 ZPO, da diese gemäß § 113 Abs. 4 Nr. 3 FamFG ausgeschlossen seien. Der Ausschluss betrifft jedoch nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift allein Ehesachen und gerade nicht Familienstreitsachen.
[181] Prütting/Helms/Helms, § 115 Rn 9.

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