Rz. 136

Die Betriebsvermögensbegünstigungen sollen nur demjenigen Erwerber zugute kommen, der letztlich begünstigungsfähiges Betriebsvermögen erwirbt und unter Beachtung der einschlägigen Regelungen fortführt bzw. erhält. In §§ 13a Abs. 5, 13c Abs. 2 S. 1, 28a Abs. 1 S. 2 ErbStG wird daher geregelt, dass ein Erwerber die Betriebsvermögensbegünstigungen nicht in Anspruch nehmen kann bei einer Weiterübertragung auf einen "Dritten" (hier zu verstehen als Miterbe, Vermächtnisnehmer, Auflagenbegünstigter, qualifizierter Nachfolger, etc.) insbesondere in folgenden Fällen:

Vermächtnis
Auflage
Teilungsanordnung
qualifizierte Nachfolgeklausel (Sondererbfolge im Wege der Singularsukzession)
Erbauseinandersetzung (zeitnah = Sechs-Monats-Frist)
Schenkung auf den Todesfall
Vertrag zugunsten Dritter.
 

Rz. 137

Dies ist in Einklang zu bringen mit der – für nicht mehr sachgerecht empfundenen[238] – Rechtsprechung des BFH, dass Teilungsanordnungen, Erbauseinandersetzungen und qualifizierte Nachfolgeklauseln für die Erbschaftbesteuerung mehrerer Erben vom Grundsatz her unbeachtlich sind, also aus erbschaftsteuerlicher Perspektive eine spätere dingliche Teilung nicht nachvollzogen wird.[239] Denn mehrere Erben, die zivilrechtlich eine Erbengemeinschaft (mit Gesamthandsvermögen) bilden (§§ 2032 ff. BGB), erwerben durch Erbanfall steuerlich Anteile an den einzelnen zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenständen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO), und zwar unabhängig davon, wie sich der Nachlass zusammensetzt. Diese Rechtsfolge wird für den Steuerentstehungszeitpunkt (§ 9 ErbStG) zementiert und bleibt auch dann bestehen, wenn sich die Erben aufgrund des Erbfalls später abweichend auseinandersetzen und die Nachlassgegenstände sachgerecht untereinander verteilen.

 

Rz. 138

In den eingangs zitierten Vorschriften ist auch geregelt, dass letztlich nur der als "Dritter" bezeichnete Miterbe, Vermächtnisnehmer, Auflagenbegünstigter oder qualifizierter Nachfolger die Betriebsvermögensbegünstigungen in Anspruch nehmen kann.

Technisch geschieht dies dadurch, dass sich der Wert des begünstigten Vermögens um den Wert des von dem "Dritten" aus demselben Nachlass[240] zunächst erworbenen und sodann als Ausgleich wieder hingegebenen sonstigen Vermögens erhöht, maximal jedoch um den Wert des an den Dritten übertragenen Vermögens. Dem "Dritten" zugewiesen wird somit nur eine höhere Bemessungsgrundlage für die Ermittlung bzw. den Erhalt der Betriebsvermögensbegünstigung, ohne dass jedoch dadurch die dingliche Teilung an sich nachvollzogen wird.[241]

 

Beispiel

Erblasser E ist am 31.12.2021 verstorben und hinterlässt als Erben zu gleichen Teilen seine volljährigen Kinder K1 und K2. E war alleiniger Kommanditist der E GmbH & Co. KG (Einheits-GmbH & Co. KG). Der nach den einschlägigen bewertungsrechtlichen Vorschriften ermittelte "Anteilswert" beträgt 2.500.000 EUR und besteht ausschließlich aus begünstigtem Vermögen. Im Gesellschaftsvertrag ist geregelt, dass K1 qualifizierter Nachfolger nach E sein soll. Zudem vererbt E sonstiges Vermögen im Wert von ebenfalls 2.500.000 EUR. K1 und K2 kommen zeitnah nach dem Todesfall überein, dass K2 das sonstige Vermögen erhalten soll. In 2011 hat E seinen Kindern bereits Wertpapiere im Wert von je 400.000 EUR geschenkt. Eine Optionsverschonung soll nicht beantragt werden.

Zivilrechtlich erhält K1 den Kommanditanteil im Wege der Singularsukzession dinglich unmittelbar von E (Sondererbfolge). Eines Übertragungsaktes bedarf es insoweit nicht mehr. Das sonstige Vermögen wird hingegen zunächst Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Im Zuge der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wird das sonstige Vermögen jedoch vollständig von der Erbengemeinschaft auf K2 übertragen.

Einkommensteuerlich ist die Auseinandersetzung unabhängig von einer aus dem Nachlass stammenden Ausgleichszahlung steuerneutral. K1 tritt nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG in die Fußstapfen seines Vaters und führt den Buchwert des Mitunternehmeranteils fort.[242]

Für den Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) wird erbschaftsteuerlich wie folgt gerechnet:

 

Ermittlung Erbschaftsteuer

(alle Beträge in EUR)
  K1 K2
       
Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG)   1.250.000 1.250.000
sonstiges Vermögen (§ 12 Abs. 1 ErbStG)   1.250.000 1.250.000

Betriebsvermögensbegünstigungen

(nur K1 aufgrund § 13a Abs. 5 ErbStG)
     

Verschonungsabschlag

(§ 13a Abs. 1 ErbStG)

Ermittlung

siehe unten
– 2.125.000  

Abzugsbetrag

(§ 13a Abs. 2 ErbStG)

Ermittlung

siehe unten
– 37.500  

Freibetrag für Hausrat etc.

(§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG)
  – 41.000 – 41.000

Freibetrag für andere bewegliche Gegenstände

(§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ErbStG)
  – 12.000 – 12.000
Vermögensanfall   284.500 2.447.000

Nachlassverbindlichkeiten

(§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG)
  – 5.150 – 5.150
Bereicherung   279.350 2.441.850
Vorerwerb 2011   400.000 400.000
Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)   – 400.000 – 400.000

steuerpflichtiger Erwerb

(§ 10 Abs. 1 S. 6 ErbStG)
  279.300 2.441.800

Erbschaftsteuer

(§ 19 Abs. 1 ErbSt...

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