Rz. 103

Bevor das erwerbszeitpunktbezogene und das erwerbsfolgezeitraumbezogene Regelungsgefüge näher dargestellt werden, soll zunächst ein kursorischer Überblick über die Begünstigungsmöglichkeiten des begünstigungsfähigen und des hieraus zu sezierenden begünstigten Vermögens nach den §§ 13a13c, 19a, 28, 28a ErbStG, den entscheidenden Parametern gegeben sowie auf einige Besonderheiten aufmerksam gemacht werden.

Generell gilt – und deswegen sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen –, dass jedwede Begünstigung ausscheiden soll, wenn das "übermäßige" (Brutto-)Verwaltungsvermögen[169] eine Quote von 90 % des gemeinen Werts des begünstigten Vermögens erreicht oder überschreitet (§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG). Bedingt durch die in sich unsystematischen Vorgehensweise, (Brutto-)Verwaltungsvermögen mit einem (Netto-)Gesamtunternehmenswert zu vergleichen, kann dies bei liquiditätsstarken Unternehmen mit geringerer Ertragskraft zu einem Entfallen jeglicher Begünstigung führen.[170]

 

Rz. 104

Bei sog. Großerwerben begünstigten Vermögens, die – ggf. unter Einbeziehung von Vorerwerben[171] von derselben Person innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums[172] – einen Schwellenwert von 26 Mio. EUR überschreiten, kann entweder eine Abschmelzung des Verschonungsabschlags[173] (Abschmelzungsmodell, § 13c ErbStG) oder eine Verschonungsbedarfsprüfung[174] (§ 28a ErbStG) i.S. eines teilweisen Steuererlasses beantragt werden.

 
  Regelverschonung Optionsverschonung
Verschonungsabschlag 85 % 100 %
    Voraussetzung generell: 20 %-Grenze Verwaltungsvermögen beachten (§ 13a Abs. 10 S. 2 u. 3 ErbStG)
     
bei Großerwerben > 26 Mio. EUR (bis 90 Mio. EUR) unwiderruflicher Antrag mit Sperrwirkung § 28a ErbStG unwiderruflicher Antrag mit Sperrwirkung § 28a ErbStG
     
  Abschmelzung in vollen 1 %-Punkt-Schritten je 750.000 EUR "Grenzbetragsüberschreitung" (Mehrerwerb > 26 Mio. EUR) Abschmelzung in vollen 1 %-Punkt-Schritten je 750.000 EUR "Grenzbetragsüberschreitung" (Mehrerwerb > 26 Mio. EUR)
     
     
gleitender Abzugsbetrag maximal 150.000 EUR

entfällt grundsätzlich

systembedingt
     
Behaltensfrist 5 Jahre 7 Jahre
     
     

Lohnsummenziel nach Lohnsummenfrist

(in % von der Ausgangslohnsumme)
   
ArbN ≤ 5 ./. ./.
ArbN > 5 / ≤ 10 250 % 500 %
ArbN > 10 / ≤ 15 300 % 565 %
ArbN > 15 400 % 700 %
 

Rz. 105

Bei Großerwerben von mehr als 26 Mio. EUR kann anstelle des Abschmelzungsmodells im Rahmen der Regel- oder Optionsverschonung ein sog. Verschonungsabschlag (§ 28a ErbStG) beantragt werden. Dieser kann auch dann beantragt werden, wenn das Abschmelzungsmodell (ab einem Erwerb von 90 Mio. EUR) nicht mehr greift und hat zur Folge, dass für einen möglichen Teilerlass der Erbschaft- oder Schenkungsteuer, welche sich für das begünstigte Vermögen ergibt, sog. verfügbares Vermögen[175] nachzuweisen und im Ergebnis zur Begleichung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer mit einer Verwertungsquote von 50 % einzusetzen ist. Flankiert wird dieses Verschonungsmodell durch eine bis zu sechs Monaten mögliche Stundung der zu zahlenden Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (§ 28a Abs. 3 ErbStG).

 

Rz. 106

Bis zur (formellen) Bestandskraft der Erbschaftsteuerfestsetzung – also nicht zwingend mit Abgabe der Erbschaftsteuererklärung – kann der Erwerber einen unwiderruflichen Antrag auf die sog. Optionsverschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG) stellen, nach Auffassung der Finanzverwaltung aber nur einheitlich für alle Arten des erworbenen begünstigten Vermögens.[176] Kritisch zu sehen ist zudem die Verwaltungsauffassung, dass bei einer Übertragung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten ein (Netto-)Verwaltungsvermögen nach einer norminternen Schuldensaldierung[177] aller Einheiten zugleich die 20 %-Grenze unterschreiten muss und ansonsten für die Einheiten, die diese Grenze überschreiten, jedwede Begünstigung ausscheiden soll.[178] Daher kann es sich empfehlen, das Antragsverfahren auf Optionsverschonung möglichst lange hinauszuzögern. Generös hingegen ist die Aussage, dass die Regelverschonung bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen wieder "auflebt", sofern später z.B. festgestellt wird, dass die 20 %-Grenze nicht bei allen wirtschaftlichen Einheiten erfüllt worden ist.[179]

 

Rz. 107

Im Rahmen der (nicht abgeschmolzenen) 85 %-igen Regelverschonung kann zudem ein gleitender Abzugsbetrag von maximal 150.000 EUR geltend gemacht werden, und zwar erwerberbezogen innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraums nur einmal (§ 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG). Bei einem gemeinen Wert des übertragenen Betriebsvermögens von 1.000.000 EUR wird dieses aufgrund des Zusammenwirkens des 85 %-igen Verschonungsabschlags und Abzugsbetrag komplett freigestellt, bei einem gemeinen Wert von 3.000.000 EUR wird der gleitende Abzugsbetrag hingegen vollständig aufgezehrt, so dass letztlich nur der 85 %-ige Verschonungsabschlag verbleibt.

 

Beispiel: Gleitender Abzugsbetrag

 
gemeiner Wert des Betriebsvermögens   2.000.000 EUR
Verschonungsabschlag 85 %   –1.700.000 EUR
verbleiben   300.000 EUR
Abzugsbetrag 150.000 EUR  
Kürzung (...

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