Rz. 18

Im Produkthaftpflichtmodell sind nach Ziff. 6.2.8 Ansprüche wegen näher bestimmter Kosten sowie Ansprüche wegen Beseitigungs- bzw. Vernichtungskosten im Rahmen der Ziff. 4.2.2.4 und 4.3.2.3, die im Zusammenhang mit einem sog. Rückruf[70] von Erzeugnissen geltend gemacht werden, ausgeschlossen. Der Grund für die Versagung des Deckungsschutzes durch den Versicherer (vgl. dazu auch Ziff. 4.4.4.3 und 4.6.5) liegt auf der Hand. Die Absicherung birgt enorme Kostenrisiken für den Versicherer. Es kann in der Serienfertigung – insbesondere im Kraftfahrzeugbereich – zu beachtlichen mangelhaften Stückzahlen und zu dadurch verursachten hohen Austauschkosten kommen. Nicht nur bei weltweiter Verbreitung handelt es sich für den Versicherer insoweit um ein erhebliches Risiko. Die Versicherer waren – bei Schaffung des Modells – nicht bereit, ein solch hohes Risiko im Modell selbst zu übernehmen. Allerdings haben sich die Versicherer – nicht zuletzt auf Intervention der Automobilindustrie – bereit erklärt, den Versicherungsschutz dafür – allerdings zunächst nur bezogen auf den Kraftfahrzeugbereich – zusätzlich abzusichern, und zwar im Rahmen einer besonderen "Rückrufkostenversicherung".[71] Die Kfz-Rückrufkostenversicherung hatte Vorbildfunktion für andere Industriezweige. Inzwischen werden – entsprechend der Verbandsempfehlung für Rückrufkosten-Haftpflichtversicherungen des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft – seit 1998 zwei Modelle angeboten: Zum einen die "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Kfz-Teile-Zulieferer" – kommentiert werden die Bedingungen mit Stand: August 2008 (aktuell: Februar 2016) – sowie die "Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe" – aktueller Stand: Februar 2016 (siehe dazu auch die ­Ausführungen zur Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung, Rdn 194 ff.).

Der Druck der Automobilwirtschaft, ein "Mehr" an Versicherungsschutz zu erhalten, wächst. Der Gesamtverband wird sich diesem Thema stellen (müssen) und wird unter Umständen sogar neue Konzepte erarbeiten. Die "Gefahr" für die Versicherungswirtschaft besteht, dass andernfalls die Automobilwirtschaft eigene Lösungen anbieten könnte.

[70] Entsprechend dieser Ziffer ist der "Rückruf" die auf gesetzlicher Verpflichtung beruhende Aufforderung des Versicherungsnehmers, zuständiger Behörden oder sonstiger Dritter an Endverbraucher, Endverbraucher beliefernde Händler, Vertrags- oder sonstige Werkstätten, die Erzeugnisse von autorisierter Stelle auf die angegebenen Mängel prüfen, die gegebenenfalls festgestellten Mängel beheben oder andere namentlich benannten Maßnahmen durchführen zu lassen. Vgl. dazu auch: Lenz, Produkthaftung, § 4, 273 ff.; ders., Die Auswirkungen der Rechtsprechung zum Rückruf, in: FS für Meilicke, 417 ff.
[71] Vgl. zur historischen Entwicklung der "Rückrufkostenversicherung Kfz" insbesondere Littbarski, Ziff. 4 Rn 187, 189.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge