Rz. 30

Der Personenschaden ist in den Bedingungen selbst nicht definiert; in Anlehnung an Ziff. 1.1 AHB ist darunter die Verletzung oder Gesundheitsbeschädigung von Menschen zu verstehen.[97] Erfasst werden danach Tod, schwere und leichte Verletzungen und Gesundheitsbeschädigungen von Menschen,[98] auch Schädigungen des noch ungeborenen und sogar noch nicht gezeugten Kindes, wenn es später krank zur Welt kommt,[99] wobei auch psychische Schädigungen ausreichen können.[100] Soweit Gegenstände fest mit dem Körper verbunden sind und nur vom Arzt bzw. Zahnarzt ausgewechselt werden können (wie Herzschrittmacher,[101] Knochenersatz, Zahnplomben, Brustimplantate etc.), ist fraglich, ob diese Gegenstände, wenn sie mangelhaft sind, auch unter den Personenschaden subsumiert werden können. Richtig erscheint es, diese künstlichen und körperfremden Hilfsmittel als Sachen zu betrachten. Dennoch kann natürlich die Zerstörung eines Herzschrittmachers zu einem Personenschaden führen.[102] Zudem stellt sich die weitergehende Frage, ob nicht bereits das als mangelhaft erkannte Implantat, das ­unter dem Verdacht eines Serienschadens steht, ebenfalls (auch deckungsrechtlich) einen ­Personenschaden darstellen kann. Bei dringendem Gefahrenverdacht – vgl. etwa die Situation im Brustsilikon-Fall[103] oder bei fehlerhaften Defibrillatoren – scheint die Annahme – in bestimmten Konstellationen und unter engen Voraussetzungen[104] – nicht ganz ausgeschlossen zu sein.[105]

[97] Prölss/Martin/Lücke, § 1 AHB Rn 30; Littbarski, Ziff. 1 Rn 35.
[98] Vgl. zur Haftung insoweit etwa BGH, Urt. v. 16.6.2009, NJW 2009, 2952 – Airbag; dazu: Lenz, PHi 2009, 196 ff.
[99] BGHZ 8, 24; BGHZ 54, 48.
[100] BGHZ 93, 163.
[101] BGH, Urt. v. 13.7.2010, VersR 2010, 1666 – Defibrillator; OLG München, Urt. v. 21.7.2009 – 18 U 1549/09; OLG Hamm VersR 2011, 637 – Herzschrittmacher; OLG Frankfurt MPR 2010, 211 – Herzschrittmacher; LG Magdeburg BeckRS 2010, 2673 – Herzschrittmacher; Juretzek, PHi 2011, 68; Handorn, PHi 2011, 206.
[102] Ebenso ausdrücklich Prölss/Martin/Lücke, § 1 AHB Rn 34; vgl. dazu Visser, PHi 2008, 32, 34 ff.
[103] Dazu Lenz, PHi 2016, 198 ff. – Der PIP-Skandal.
[104] Schmolke, AcP 2015, 351, 374 ff.; s. auch Grunewald, Der Verdacht als Mangel, in FS Konzen, 136 ff.; Von der Horst, NJOZ 2013, 385 ff.
[105] Vgl. auch zur Haftung bei bloßem Gefahrenverdacht: Handorn, Produkthaftung bei bloßem Fehlerverdacht?, PHi 2011, 206 ff.; vgl. auch Lenz, Zur Herstellerhaftung für die Fehlauslösung von Airbags, PHi 2009, 196 ff.

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